Ich will hier wieder einmal ein wenig nachdenken über jenes Genre, das ich liebe. Vor kurzem bin ich bei culturmag auf Zoë Becks Beitrag “… nur ein Krimi?” gestoßen. Sie hat ein Problem damit, dass Iris Radisch in einem Interview sagt, man müsse die Latte bei Sibylle Lewitscharoffs “Killmousky” etwas niedriger hängen, da es sich nur um einen Krimi handele. Ich habe dieses Problem auch, weil man immer noch manchmal als Crime-Fiction-Fan das Gefühl hat, als Groschenhefte- oder 08/15-Whodunnit-Leser abgetan zu werden.
Ich will daher Beck hier zitieren, weil sie mir aus der Seele spricht: “Der Krimi also. Ein putziges Ding, eine Entspannungsübung für den Hochliteraten (m/w). Nach schwergewichtigen Themen kann man beim Krimi endlich mal ein bisschen locker werden. Wüsste der Hochliterat (oder der dazu gehörige Kritiker (m/w)) um die Bandbreite innerhalb der Genres, gäbe es solche Interviews wie das mit Radisch nicht. Dann wäre klar, dass es mindestens ebenso viele grandiose Meisterwerke von Weltrang im Krimigenre gibt, wie es Schund, Unfug und Banalitätenschwurbel in der nichtgenrekategorisierten Literatur gibt.”
Und: “Texte kann man daraufhin lesen, ob sie gut gemacht sind. Figurenzeichnung, Dialoge, Spannungsaufbau, Sprache etc. Ich möchte deshalb die von Radisch tiefer gehängte Latte bitte gern abschrauben und Texte von egal wem danach beurteilen bzw. beurteilt wissen, ob sie gut sind oder nicht – egal welches Etikett sie haben.”
Das ist meiner Meinung nach genau der Punkt: Texte sind gut oder schlecht, egal welches Etikett sie haben.
Auf krimi-couch.de habe ich dazu passend ein Interview mit Thomas Wörtche wiederentdeckt, der ebenfalls weise Worte sagt: “Ich bin fest der Meinung, wer nur von Krimis was versteht, versteht auch von Krimis nichts.”
Wörtche, gern als deutscher Krimikritiker Nummer eins bezeichnet, meint zu seinem ihm aufgedrängten Status kritisch: “Das Etikett bekommt man, wenn man lange genug dabei ist und hin und wieder ein paar schlaue Dinge an möglichst prominente Stelle geschrieben hat. Das wiederum ist gar nicht so schwer, weil sehr vieles, was man sonst über Kriminalliteratur et al an prominenter Stelle lesen muss, von herzlicher Ahnungslosigkeit ist. Vermutlich habe ich »Krimis« (und Verwandtes) einfach ein bisschen ernster genommen und das auch formulieren können. Dabei war ich nicht der erste und nicht der einzige. Und Krimi ist nur eine Variante von erzählender Literatur, die ich spannend finde.”
Tja, ich selbst bin ja gerade auf so einem dystopischen Lese-Trip: Zuerst habe ich “Spademan” und “2/14” gelesen, dann “Mirage” und zuletzt den Werwolf-Roman “Roter Mond”. Sind das für irgendwelche selbsternannten Krimi-Puristen überhaupt Genre-Werke? Mir ist das eigentlich egal. Es sind teilweise exzellente (“2/14”, “Roter Mond”), teilweise eher banale (“Spademan”, “Mirage”) Spannungsromane. Und das bringt mich zu einem wesentlichen Punkt: Für mich muss ein gutes Buch spannend sein. Deshalb muss es aber nicht zwingend ein Thriller oder Krimi sein. Mark Twains “Huckleberry Finn” ist etwa so ein Buch, das bei vielen noch dazu den Makel eines “Kinderbuches” hat.
Ich wiederhole mich daher: Genre hin, Etikettierung her – Bücher sind gut oder schlecht (oder irgendwas dazwischen) – und natürlich oft auch nur Geschmackssache.