Monthly Archives: November 2021

Bill Clinton/James Patterson: Die Tochter des Präsidenten

(c) HarperCollins


Ex-US-Präsident Bill Clinton und Bestsellerautor James Patterson haben drei Jahre nach “The President Is Missing” erneut einen Politthriller geschrieben. Nach der vernichtenden Kritik eines BBC-Kulturkritikers an der Präsidenten-Figur (“most characterless character”) sah sich das Duo offenbar veranlasst, noch einmal nachzulegen.

Tatsächlich ist Matt Keating nun ein US-Präsident, wie man ihn aus Hollywood-Filmen kennt: hemdsärmelig, ein Mann der Tat. Gleich zu Beginn von “Die Tochter des Präsidenten” schickt er ein Team der Spezialeinheit der Navy Seals mit folgenden aufmunternden Worten auf ihre Mission: “Hoffentlich steckt ihr diesen Hundesohn in einen Leichensack.” Es wird nicht das letzte Mal sein, dass der sonst so gesittete Mann martialische Sprüche loslässt.

Die Dinge laufen jedoch anders als geplant, die gescheiterte Aktion mündet letztlich in der Abwahl des Präsidenten. Als dann Terroristen seine Tochter entführen, muss er einen Krieg an mehreren Fronten gleichzeitig führen: gegen böse Islamisten, berechnende Chinesen und vor allem die politischen Intriganten in Washington.

Das Buch trieft vor Patriotismus, Gut (Team Keating) und Böse (der Rest) sind klar definiert. Doch das Lesen macht auch Spaß, weil Patterson sein Handwerk versteht. Zusätzlich für Spannung sorgt die sich unweigerlich aufdrängende Frage: Welche Seiten dieses Buches stammen vom realen Ex-Präsidenten?

6 von 10 Punkten

Bill Clinton/James Patterson: “Die Tochter des Präsidenten”, übersetzt von Wulf Bergner, HarperCollins Verlag, 560 Seiten.

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Heinrich Steinfest: Die Möbel des Teufels

(c) Piper Verlag


Ich habe vor einigen Jahren Heinrich Steinfests “Cheng. Der erste Fall” gelesen. Meine Begeisterung hat sich damals in Grenzen gehalten. Ich habe “Die Möbel des Teufels” also mit einer gewissen Skepsis zu lesen begonnen, doch schon nach wenigen Seiten hat mich diese außergewöhnliche Geschichte in ihren Bann gezogen. Grandios!

Vielleicht ist das Faszinosum für Nicht-Österreicher nicht ganz nachvollziehbar. Aber der 1. August 1976 hat sich so tief in das kollektive Gedächtnis der Österreicher eingebrannt wie wohl kaum ein anderer Tag der vergangenen 50 Jahre. Damals stürzte in Wien die Reichsbrücke ein, ehe Stunden später Formel-1-Star Niki Lauda nur knapp seinen Feuerunfall am Nürburgring überlebte.

Auch in Leo Pragers Leben bedeutete dieser Tag eine Zäsur. Er verließ das Land, um erst 44 Jahre später, nach der Ermordung seiner Schwester Eva, einer Parlamentsstenografin, wieder in die Heimat zurückzukehren. Es wäre kein Kriminalroman, würde sich nicht vieles um die Frage drehen, warum die Frau getötet wurde.

Doch Heinrich Steinfests “Die Möbel des Teufels” ist noch viel mehr. Der Autor erzählt eine wunderbar absurde und gleichzeitig doch realistische Geschichte über so viele Dinge: wichtige zeitgeschichtliche Ereignisse, die aktuelle Pandemie (ohne dass es nerven würde), Verschwörungstheorien sowie die Liebe. Und das alles in einem ganz unvergleichlichen lockeren und pointierten Ton, der das Lesen auf jeder Seite zu einem Genuss macht.

Eigentlich ist es bereits der sechste Band rund um Detektiv Markus Cheng, der allerdings mittlerweile die Rolle mit seiner Assistentin Frau Wolf getauscht hat: Sie ist nun seine Chefin und er der Assistent. Doch die beiden tauchen mitunter über 100 Seiten lang gar nicht auf. Aber aus den oben beschriebenen Gründen macht das überhaupt nichts: Dieses Buch sollte man einfach gelesen haben.

10 von 10 Punkten

Heinrich Steinfest: “Die Möbel des Teufels”, Piper Verlag, 430 Seiten.

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