Monthly Archives: October 2015

Barry Award 2015 geht an Greg Iles

(c) Rütten & Loening

(c) Rütten & Loening

Kürzlich habe ich hier über die Dagger Awards berichtet. In der Zwischenzeit wurde ein weiterer wichtiger Krimipreis – den Michael Connelly und Dennis Lehane bereits zweimal gewinnen konnten – vergeben: Der Barry Award 2015 geht an “Natchez Burning” von Greg Iles.

Ich habe das Buch auf crimenoir bereits im Mai besprochen und dem 1000-seitigen Krimi 6 von 10 möglichen Punkten gegeben. Mein Fazit damals: “Iles ist sein äußerst ambitioniertes Werk hoch anzurechnen. Denn “Natchez Burning” ist nur der Auftakt zu einer Trilogie (der nicht minder dicke Teil zwei, “The Bone Tree”, ist soeben in den USA erschienen). Dennoch verwundert es, dass ausgerechnet bei einem episch ausgebreiteten Thriller wie diesem eine eigene starke schwarze Stimme fehlt – zumal Iles auf vielen Perspektiven erzählt.  (…) Iles erzählt sehr konventionell, ihm fehlen die sprachliche Extravaganz eines Ellroy und die Raffinesse eines Winslow.”

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KrimiZeit-Bestenliste Oktober: Ein Abgleich

(c) Suhrkamp

(c) Suhrkamp

Diesmal bin ich wirklich spät dran, aber bevor die KrimiZeit-Bestenliste für den November erscheint, will ich noch einmal schnell auf die aktuelle Liste eingehen. Die Liste führt mir vor Augen, dass ich im Moment einfach zu wenig Zeit für diesen Blog habe. Ich habe zwar sowohl Anis, Mishanis und Kollenders Krimis, die alle ihren Platz auf der Liste verdient haben, schon gelesen, aber noch keine Zeit gefunden, hier darüber zu schreiben.

Nachdem ich die beiden ersten “Laidlaw”-Romane (“Laidlaw”, “Die Suche nach Tony Veitch”) von McIlvanney hier beschrieben habe, werde ich sicher auch “Fremde Treue” lesen, zumal diesmal Laidlaws Bruder stirbt. Das Buch steht schon bei mir daheim. James Lee Burkes “Glut und Asche” werde ich diesmal schon aufgrund seines Umfangs auslassen. Ortunos “Die Verbrannten” ist fix eingeplant und steht schon demnächst bei mir am Programm. Ich habe schon ein paar Seiten gelesen, ehe mir dann ein anderes Buch dazwischen gekommen ist. Das klang sehr vielversprechend.

Michael Robothams “Um Leben und Tod” wurde zuletzt mit dem “Gold Dagger Award” für den besten Kriminalroman ausgezeichnet – das ist schon ein starkes Lektüre-Argument. Tja, und bei “Spielarten der Rache” von Seamus Smyth lande ich wieder bei einem meiner Lieblingsverlage: Pulp Master hat echt feine Kriminalromane auf Lager, die weit abseits des Mainstreams angesiedelt sind. Pflicht! Gute Wahl, liebe KrimiZeit-Jury.

Die Liste im Überblick:

1 (1) Friedrich Ani: Der namenlose Tag
2 (2) Dror Mishani: Die Möglichkeit eines Verbrechens
3 (-) William McIlvanney: Fremde Treue
4 (-) James Lee Burke: Glut und Asche
5 (-) Åke Edwardson: Marconipark
6 (-) Antonio Ortuño: Die Verbrannten
7 (9) Andreas Kollender: Kolbe
8 (10) Michael Robotham: Um Leben und Tod
9 (-) Seamus Smyth: Spielarten der Rache
10 (-) Michael Fehr: Simeliberg

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Ein neuer Krimiblog: Willkommen crimealleyblog!

(c) Screenshot

(c) Screenshot

Das zählt zu meinen liebsten Aufgaben: Die Bekanntgabe eines neuen vielversprechenden Krimiblogs! Sein crimealleyblog mag zwar neu sein, doch Stefan ist ein langjähriger Krimi-Couch-Redakteur – also alles andere als ein “Frischgfangter”, wie wir in Wien sagen würden 😉

Sein Ansatz gefällt mir: Er will auf “diejenigen Bücher hinweisen, welche nur in den seltensten Fällen in den Bestsellerlisten auftauchen und im Mainstream-Dickicht der großen Buchhandelsketten zu wenige Leser finden.” Dabei will Stefan sein Hauptaugenmerk zwar auf Krimi und Thriller legen, aber auch über andere Genres schreiben.

Die Aktualität der besprochenen Werke soll nicht im Vordergrund stehen: “Ob zeitlose Klassiker, frisch erschienene Novitäten oder seit Ewigkeiten vergriffene Raritäten – sie alle werden hier besprochen, um etwaigen Lesern einen besseren Einblick zu gewähren bzw. eine eventuelle Kaufentscheidung zu erleichtern oder gar von dieser abzuraten.”

Bleibt mir nur noch eines zu sagen: Schaut doch einfach mal bei crimealleyblog rein, es zahlt sich aus. Und an alle da draußen, die noch überlegen, vielleicht auch einen Blog zu starten (oder zu reaktivieren!) – die Crime-Family hat noch mehr Platz 😉

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Howard Linskey: Killer Instinct

(c) Knaur

(c) Knaur

Gleich zu Beginn will ich mich Marcus Müntefering anschließen, der sich verwundert darüber zeigt, englische Originaltitel von Büchern nicht einzudeutschen, sondern “umzuenglischen”. Bei Howard Linskeys Newcastle-Trilogie rund um Aufstieg und Machterhalt von Gangster Dave Blake wird so aus “The Drop”, “The Damage” und “The Dead” folgendes: “Crime Machine”, “Gangland” und “Killer Instinct”. Das ist ein seltsamer Trend, der sich in letzter Zeit (auch bei Kinofilmen) immer wieder beobachten lässt. In diesem Fall führen die Titel zudem in die Irre. In “Gangland” bekämpfen sich keine Jugendbanden und “Killer Instinct” ist kein harter Knast-Thriller, wie man angesichts des Covers vermuten könnte. Dennoch ist das der Punkt, wo man bei dieser Trilogie auch schon wieder zum Jammern aufhören kann.

Linskey schreibt wie sein schottischer Kollege Malcolm Mackay Kriminalromane unter dem Motto “Verbrecher ist ein Beruf wie jeder andere”. Es geht bei beiden maßgeblich um die Ökonomie des Verbrechens. Zu viel Gewalt und Blut sind nicht gut, das schadet bloß dem Geschäft. Während Mackay aber ein wenig geschwätzig wird und Verbrechen als Profession hochstilisiert, trifft Linskey genau ins Schwarze: “Das Geschäft floriert, die Kohle fließt, und wir haben in den letzten  zwei Jahren keinen mehr umgebracht, was ein gutes Barometer für die Gesundheit unserer Firma ist.”

“Crime Machine” zeichnete den fast widerwilligen Aufstieg Blakes zum obersten Unterweltboss der nordenglischen Stadt, “Gangland” sein Ringen um den Machterhalt nach. Mit “Killer Instinct” findet Howard Linskeys Trilogie nun einen würdigen Abschluss. Für Blake wird es immer enger: Sowohl Polizei als auch die Konkurrenz sitzen ihm im Nacken. “Es gibt für mich nur einen Ausweg aus diesem Leben: in einer Kiefernkiste”, sinniert Blake gleich zu Beginn. Das Buch kreist um die Frage, ob er diesem Schicksal entkommen kann.

Und es gibt viele starke Momente darin: Etwa, als Blake Ermittlungsarbeit für die Polizei übernehmen muss, um seine eigene Unschuld beim Tod der minderjährigen Tochter eines Polizisten zu beweisen. Faszinierend auch, wie eiskalt Blake auf Erpressungsversuche und die Bedrohung durch einen mächtigen Oligarchen reagiert. Die Suche nach seinem Vater, den Blake nie kennengelernt hat, rundet die facettenreiche Geschichte perfekt ab. Das alles glaubwürdig unter einen Hut zu bringen, da muss man Respekt zollen.

Was ich mit Marcus Müntefering begonnen habe, will ich auch mit ihm beenden. Sein Fazit auf “Spiegel Online”: “Der Karrierekriminelle, der uns (und sich) glauben machen will, dass er irgendwie zufällig zu dem wurde, was er ist: Gerade diese moralische Ambivalenz seines Ich-Erzählers macht Linskeys Newcastle-Trilogie zu einem der aufregenderen Werke der neueren britischen Krimiproduktion.”

8 von 10 Punkten

Howard Linskey: “Killer Instinct”, übersetzt von Karl-Heinz Ebnet, 384 Seiten, Knaur.

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Dagger Awards 2015: Preise für Michael Robotham und Karin Slaughter

(c) Goldmann

(c) Goldmann

Bereits Ende September sind die “CWA Dagger Awards” vergeben worden. Neben den Edgars sind die Daggers die wohl wichtigsten Preise für außergewöhnliche Kriminalliteratur. Spät aber doch liefere ich hier die beiden wichtigsten Preisträger nach. Die gute Nachricht: ein Preisträger-Buch ist bereits auf Deutsch erhältlich, ein weiteres ist demnächst verfügbar.

Als bester Kriminalroman des Jahres (“Gold Dagger”) wurde Michael Robothams Spannungsroman “Um Leben und Tod” ausgezeichnet. Robotham hat es damit auch auf die KrimiZeit-Bestenliste (Platz acht im Oktober) geschafft. Tja, nun bin ich natürlich noch einmal neugieriger geworden. Das Buch befindet sich bereits in meinem Besitz, aber momentan stehen so viel tolle Neuerscheinungen an, dass ich gar nicht sicher bin, ob ich tatsächlich demnächst zur Lektüre kommen werde.

Der Verlagstext: Audie Palmer hat zehn Jahre im Gefängnis verbracht wegen eines bewaffneten Raubüberfalls, bei dem vier Menschen starben und sieben Millionen Dollar verschwanden. Jeder glaubt, dass Audie weiß, wo das Geld ist. Deshalb wurde er nicht nur von seinen Mitinsassen bedroht, sondern auch von den Wärtern schikaniert. Und dann bricht Audie aus – nur wenige Stunden vor seiner Entlassung. Spätestens jetzt sind alle hinter ihm her, dabei will Audie nur ein Leben retten, und es ist nicht sein eigenes …

(c) Blanvalet

(c) Blanvalet

Zum besten Thriller des Jahres (“Steel Dagger”) wurde Karin Slaughters “Cop Town” gewählt (erscheint Anfang November). Slaughter ist ebenso unbekanntes Krimi-Terrain für mich wie Robotham. Auch hier wird es eigentlich Zeit, eine kriminalliterarische Wissensslücke zu schließen. Bislang war Slaughter im deutschsprachigen Raum für ihre Grant-County- und ihre Georgia-Serien, die mich ehrlich gesagt beide nicht gereizt haben, bekannt. “Cop Town” ist nun erstmals ein Stand-alone – und für mich vor allem auch deshalb interessant, weil es das amerikanische Gegenstück zu den ausgezeichneten Krimis des Briten William Shaw (“Abbey Road Murder Song”, “Kings of London”) sein könnte. Spielen Shaws Krimis in den 1960er Jahren, entführt uns Slaughter in die 1970er Jahre. Und in beiden Fällen dreht sich viel um die Rolle von Polizistinnen in einem noch stark männerdominierten Arbeitsumfeld.

Atlanta, 1974: Kate Murphy fürchtet, dass ihr erster Tag beim Police Department gleichzeitig ihr letzter sein könnte. Denn ein Killer terrorisiert die Stadt – seine Opfer sind ausschließlich Cops. Und als würde das nicht reichen, machen auch Kates männliche Kollegen ihr den Job zur Hölle: Eine weibliche Polizistin zählt in ihren Augen keinen Cent. Zum Glück ist Kate nicht allein. Auch ihre Partnerin Maggie Lawson spürt, wie die Stimmung unter den männlichen Kollegen kippt. Ihnen ist jedes Mittel recht, um den Killer zur Strecke zu bringen. Und plötzlich befindet sich Atlanta im Ausnahmezustand – denn die Cops beginnen eine brutale Menschenjagd und werden so gefährlich wie der Killer selbst.

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Kriminacht in Wien: Philip Kerr und der Fußball

(c) Kriminacht

(c) Kriminacht

Auch die 11. Kriminacht hat wieder einen hochkarätigen internationalen Krimiautor nach Wien gelockt: Den Briten Philip Kerr. Bekannt ist er vor allem für seine Bernie-Gunther-Serie (seine ursprüngliche Berlin-Noir-Trilogie ist mittlerweile auf elf Bände angewachsen). Fast schon vergessen sind seine Wissenschaftsthriller “Game over” und “Das Wittgensteinprogramm”, für die er den “Deutschen Krimipreis” (1995 und 1997) gewann. Nun hat er in Wien seinen ersten Fußball-Thriller “Der Wintertransfer” rund um Co-Trainer Scott Manson präsentiert (auf Englisch sind übrigens bereits zwei weitere Bände erschienen, mal schauen, ob hier der Tropen-Verlag nachlegt). Eine ausführliche Kritik zu “Der Wintertransfer” gibt es hier in Kürze.

Der Fußball- und Arsenal-Fan Kerr hat die Arbeit an seinem Buch jedenfalls hör- und spürbar genossen. Gelte es bei seinen historischen Krimis, chronologische Fehler sowie solche bei Straßennamen etc. zu vermeiden, sei es sehr angenehm gewesen, endlich einmal wieder über etwas in Zeiten von Twitter und Facebook zu schreiben. Interessant: Kerr vermisst in Europa gute Sportbücher – damit meint er keine Sachbücher, sondern Romane. Es sei bezeichnend, dass eine der besten Sportpassagen ausgerechnet Ian Fleming in “Goldfinger” geschrieben habe: 60 Seiten über ein Golfduell zwischen James Bond und Goldfinger. Es gebe so viele furchtbare Sportbücher, nahezu jeder Fußballer habe eines geschrieben. Er wisse, wovon er spreche, denn er habe sie alle gelesen.

(c) Tropen Verlag

(c) Tropen Verlag

Die Recherche im Fußball-Bereich sei einfach gewesen. Es gebe viele gute journalistische Texte. Man müsse nicht stundenlang Fußballer interviewen. Es sei überhaupt ein Irrglaube, die größtmögliche Authentizität dadurch zu erzeugen, dass man die involvierten Persönlichkeiten interviewe. Er erinnere sich an ein Gespräch mit einem der größten Autoren von Kriminalromanen überhaupt: Elmore Leonard. “Dutch (so lautete Leonards Spitzname), du bist doch sicher mit einer Menge Cops und Kriminellen abgehangen”, habe er ihn gefragt. “Nein”, habe dieser geantwortet. Er habe fast all seine Informationen aus dem TV, vorwiegend der “Jerry Springer Show”.

Mit kleinen Geschichten die große Geschichte begreifbar machen

Aber auch für seine historischen Krimis sitze er nicht stundenlang in der Bibliothek und in den Archiven. Er gehe vielmehr zu den Orten und versuche, eine Vision zu erhalten – ein wenig wie ein “Method Actor”. Er liebe es bei seinen Recherchetätigkeiten, die “Gaps” der Geschichte zu finden. Kleine Geschichten, die die große Geschichte erst begreifbar machen. Er führte als Beispiel an, dass die Menschen, die etwa in Obersalzberg lebten, alle Hitler hassten, weil ihre Höfe und Villen von Martin Bormann enteignet wurden.

Eine Aufgabe seiner Romane sei es auch, die Briten von ihrem hohen Ross der moralischen Unfehlbarkeit zu holen. Das britische Empire basiere auf vielen Holocausts – das erzähle er auch immer wieder in Vorträgen. Man müsse sich nur ansehen, was die Briten in den 1850er Jahren in Indien angerichtet haben: 50.000-60.000 Inder seien massakriert worden. Keine große Zivilisation in der Geschichte sei sauber geblieben. Er habe über 30 Jahren über die SS und die Verbrechen der Nazis geschrieben, da sei das Schreiben eines Fußball-Krimi nun eine echte Befreiung gewesen. Das Schreiben generell sei für ihn so etwas wie eine Sucht. Er erfinde Geschichten und erschaffe sein Leben lang Figuren – das sei fast schon krankhaft, wie er zugeben müsse. Zu seiner Schreibweise erklärte er, dass er all jenen Autoren misstraue, die jedes Kapitel ihrer Bücher strikt durchgeplant haben.

Aus der fast krankhaften Kommerzialisierung des Fußballs sieht er nur einen Ausweg. Doch die Gesetze der EU stünden diesem im Weg. Die Vereine müssten Obergrenzen für Spielergehälter vereinbaren. Das widerspreche allerdings dem Gedanken des freien Markts, des freien Preises. Das käme einer Kartellbildung gleich.

Ich persönlich bin nun schon sehr gespannt auf Band zwei, “Hand of God”. Denn der Fußball-Auftakt war die perfekte Unterhaltung. Dass die Krimihandlung ein wenig zu wünschen übrig lässt, hat mich in diesem Fall gar nicht gestört. Ich habe meine Liebe zum Fußball wiederentdeckt, danke dafür, Philip Kerr! Der fiktive Verein London City wird dann in Athen gegen Olympiacos spielen. Ich gebe zu, ich bin angefixt.

 

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Krimis, die man 2015 lesen sollte (IX)

(c) Kunstmann

(c) Kunstmann

Mexiko und der Drogenkrieg – das ist ein Thema, das mich nach wie vor nicht loslässt (ich sehe gerade die ausgezeichnete Serie “Narcos”, demnächst kommt “Sicario” ins Kino und auch der Lesestoff geht nicht aus, wie ich demnächst hier ausführlich schreiben werde). In “Die Verbrannten” (seit 9. September im Handel) erzählt Antonio Ortuno von Vergessenen dieses Krieges: Den vielen zentralamerikanischen Flüchtlingen, die nicht selten von den Drogenbanden gekidnappt werden, um von den Angehörigen Geld zu erpressen. Eigentlich ein Muss.

Verlagstext: Santa Rita, ein unbedeutendes Kaff im Süden Mexikos. In einer Notunterkunft für zentralamerikanische Flüchtlinge auf dem Weg in die USA wird ein Feuer gelegt, dem zahlreiche Männer, Frauen und Kinder zum Opfer fallen. Irma, genannt La Negra, wird zur Untersuchung des Vorfalls zum lokalen Büro der Nationalkomission für Migration geschickt. Dort sind ihre Nachforschungen wenig willkommen und in einem Klima der Angst ist keiner der Überlebenden bereit, zu den Ereignissen in der Nacht des Anschlags auszusagen bis auf die zwanzigjährige Yein, die zu Irmas einziger Zeugin wird. Doch in einem Land, wo Zentralamerikaner allenfalls als Menschen zweiter Klasse betrachtet werden und wo Behörden, Polizei und kriminelle Banden gemeinsam ein zynisches Geschäft betreiben, das noch den letzten Peso aus den Flüchtlingen herausquetscht, kann es tödliche Folgen haben, den Dingen auf den Grund zu gehen. In diesem vielstimmig orchestrierten und schonungslos rauen politischen Roman porträtiert Antonio Ortuño ein menschenverachtendes System, das die Schwächsten ausraubt, vergewaltigt, verbrennt und schließlich in Massengräbern verschwinden lässt.

fremdetreueNächstes Muss ist “Fremde Treue” (9. September), der dritte Teil der Laidlaw-Trilogie des Schotten William McIlvanney. Zwar hat mich Teil zwei, “Die Suche nach Tony Veitch”, nicht ganz so begeistert wie Teil eins, “Laidlaw”. Dennoch muss man diesen Autor gelesen haben. Er ist wunderbar literarisch und humanistisch.

Laidlaws dritter und bisher letzter Fall! Scott Laidlaw ist tot. Der tragische Autounfall seines Bruders erschüttert Jack Laidlaw schwer in tiefer Trauer und mit dem ihm eigenen Durst macht er sich auf in die schottische Provinz, um herauszufinden, was wirklich geschah. Während Laidlaw versucht, die letzten unglücklichen Tage seines Bruders zu rekonstruieren, wird ihm schnell klar, dass die Abgründe hinter der dörflichen Fassade mindestens ebenso tief sind wie in der Glasgower Unterwelt und in seiner Vergangenheit, in die ihn seine Recherchen unweigerlich zurückführen.

(c) Goldmann

(c) Goldmann

“Racheherbst” (seit 14. September) von Andreas Gruber nährt mein schlechtes Gewissen. Ich möchte endlich was von diesem österreichischen Thriller-Autor lesen, den kaum jemand kennt, der aber schon viel mehr Bücher verkauft hat als etwa sein erfolgreicher Landsmann Bernhard Aichner (“Totenfrau”, “Totenhaus”). Ich hab mal in Kapitel eins reingeschmökert und das klingt schon vielversprechend. Bloß dieses Serienmörder-Ding ist ja so gar nicht meines…

Unter einer Leipziger Brücke wird die verstümmelte Leiche einer jungen Frau angespült. Walter Pulaski, zynischer Ermittler bei der Polizei, merkt schnell, dass der Mord an der Prostituierten Natalie bei seinen Kollegen nicht die höchste Priorität genießt. Er recherchiert auf eigene Faust – an seiner Seite Natalies Mutter Mikaela, die um jeden Preis den Tod ihrer Tochter rächen will. Gemeinsam stoßen sie auf die blutige Fährte eines Serienmörders, die sich über Prag und Passau bis nach Wien zieht. Dort hat die junge Anwältin Evelyn Meyers gerade ihren ersten eigenen Fall als Strafverteidigerin übernommen. Es geht um einen brutalen Frauenmord – und eine fatale Fehleinschätzung lässt Evelyn um ein Haar selbst zum nächsten Opfer werden …

(c) Heyne Hardcore

(c) Heyne Hardcore

“Glut und Asche” (14. September) von James Lee Burke ist sicher ein weiteres Highlight dieses Krimi-Herbsts. Bloß beuge ich mich diesmal der hohen Seitenzahl. Ich habe keinen Zweifel, dass das Buch die Qualität des Vorgängers “Regengötter” (KrimiZeit Jahressieger, Deutscher Krimipreis-Sieger) halten kann. Aber nach “Das Kartell” und “Natchez Burning” habe ich heuer mit den ganz dicken Wälzern vorerst einmal abgeschlossen.

»Vielleicht würde er eines Tages die Angst vergessen, die in jenen fünfzehn Minuten einen anderen Menschen aus ihm gemacht hatte.« Danny Boy Lorca ist das Entsetzen ins Gesicht geschrieben, als er sich ins Büro von Sheriff Hackberry Holland schleppt. In der Wüste nahe der texanisch-mexikanischen Grenze wurde er Zeuge eines brutalen Mordes. Von einem zweiten Gefangenen fehlt jede Spur. Hackberry Holland hat erneut alle Hände voll zu tun, um für Gerechtigkeit zu sorgen.

(c) Diogenes

(c) Diogenes

Der Unterweltler Joe Coughlin ist wieder da. Mit “In der Nacht” (auf Platz zwei meiner persönlichen Jahresbestenliste 2013) hat Dennis Lehane vor zwei Jahren einen nahezu perfekten Kriminalroman vorgelegt. Nun ist Coughlin ehrbar geworden. Doch die Vergangenheit kann man nicht so leicht hinter sich lassen. Wer Lehane kennt, weiß: Bei “Am Ende einer Welt” kann eigentlich nichts mehr schief gehen (zumindest für den Leser!).

Joe Coughlin, geachteter Bürger von Tampa, Florida, und Consigliere des Bartolo-Syndikats, hat seine kriminelle Vergangenheit hinter sich gelassen wie Amerika die Prohibition. Bis eines Tages aus heiterem Himmel ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt wird und auf dem Spiel steht, was ihm am wichtigsten ist: sein Sohn – und der einzige Freund, den er hat. Die atemlose Geschichte von ›In der Nacht‹ geht weiter.

(c) Ullstein

(c) Ullstein

“Blood on Snow” bietet mir die Gelegenheit einen weiteren Autor endlich in die Kategorie “Gelesen” einzuordnen. Jo Nesbos Harry-Hole-Serie als auch seine Stand-alones (“Headhunter”) haben mich immer schon interessiert udn stehen teilweise auch in meinem Regal. Aber diesmal lese ich Nesbo sicher – sind nur 181 Seiten 😉 Das passt mir momentan gut. Das Thema klingt jetzt nicht besonders neu, aber ich mag solche Einsamer-Killer-Geschichten grundsätzlich.

Olav lebt das einsame Leben eines Killers. Als Killer ist es eben nicht unbedingt leicht, anderen Menschen nahe zu kommen. Doch jetzt hat Olav die Frau seiner Träume getroffen. Zwei Probleme stellen sich: Sie ist die Frau seines Chefs. Und Olav wurde gerade beauftragt, sie zu töten.

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