Monthly Archives: May 2015

Krimis, die man 2015 lesen sollte (V)

(c) Ariadne Kriminalroman

(c) Ariadne Kriminalroman

Es ist fast eine sichere und daher unfaire Wette, davon auszugehen, dass Merle Krögers “Havarie” (seit 4. Mai im Handel) die KrimiZeit-Bestenliste im Juni anführen wird. Ich hoffe das auch sehr. Denn “Havarie” ist das Buch zur aktuellen Flüchtlingsmisere Europas. Kröger beleuchtet aus vielen verschiedenen Perspektiven die kaum wahrgenommenen dramatischen Geschehnisse im Mittelmeer – ohne dabei jemals anzuklagen. Mehr dazu hier in Kürze.

Der Verlagstext: “In einer windigen Nacht steigen zwölf Männer in ein Boot, versuchen Cartagena zu erreichen. Unter dem hohen Sternenhimmel zieht majestätisch ein Kreuzfahrtschiff dahin. Ein deutscher Frachter verlässt den algerischen Hafen mit Kurs auf Dublin. Und die spanische Küstenwache hält sich bereit. – Ein Meer, vier Schiffe, verschiedene Perspektiven: Merle Krögers Roman ist ein seetüchtiger Actionthriller und ein messerscharfes Porträt Europas.”

(c) Metrolit

(c) Metrolit

Der Metrolit-Verlag legt endlich in seiner Noir-Serie nach. Als Auftakt dieser Reihe war Nic Pizzolattos “Galveston” erschienen, das mich sehr begeistert hat. Harry Crews “Florida Forever” (seit 18. Mai im Handel) klingt nun ebenfalls vielversprechend.

Der Verlagstext: “Mit seiner einzigartigen Mischung aus überdrehter Südstaaten-Gothik und libertär-anarchistischem Existenzialismus vereint Harry Crews die schonungslose Seelenausweidung eines James M. Cain mit der Abgeklärtheit eines Norman Mailer und dem Sarkasmus des frühen Tom Wolfe. »Florida Forever« entwirft in grellen Farben den Mikrokosmos einer zwischen Senilität und Aufbegehren schwankenden Gemeinschaft, in der schwer auszumachen ist, was bedrohlicher ist: das Elend des Alterns oder das Diktat der Jugend.”

(c) C. Bertelsmann

(c) C. Bertelsmann

Meine Vorliebe für historische Stoffe hat mich auf Antonin Varennes “Die sieben Leben des Arthur Bowman” (ebenfalls seit 18. Mai erhältlich) aufmerksam gemacht. Das klingt nach einem Krimi mit einmaligem historischen Setting.

Der Verlagstext: “1852: Arthur Bowman, einer der härtesten Söldner der Ostindienkompanie in Birma, hat eine gefährliche Expedition tief in indigenes Gebiet geführt; ein Himmelfahrtskommando, das mit der Gefangensetzung der zehn Überlebenden endet. Sechs Jahre später ist er ein gebrochener Mann im viktorianischen London während der Jahrhunderthitze. Alkohol- und opiumsüchtig verdingt er sich als Polizist. Da wird in der Kanalisation eine verstümmelte Leiche entdeckt – und Bowman des Mordes verdächtigt. Denn der Tote trägt Narben wie er – Folge der Folter in Birma. Also bricht er auf, die neun Mitinhaftierten zu finden.”

(c) Polar Verlag

(c) Polar Verlag

Zum Schluss ein üblicher Verdächtiger: Ken Bruens “Kaliber” (seit 1. Mai im Handel) ist im Polar-Verlag erschienen. Dieser junge Verlag steht ja wie kaum ein anderer für Qualität und hat bereits einige wahre Crime-Fiction-Highlights (z.b. “Stadt der Ertrinkenden” von Ben Atkins) aus dem Hut gezaubert.

Der Verlagstext: “Der Südosten Londons wird vom „Manners Killer“ heimgesucht, der seinen Opfern eine Lektion in Anstand beibringen will. Sein Pech, dass die Ermittlungen ausgerechnet Inspector Brant übernimmt, der gerade einen Kriminalroman schreibt und in bester „The Killer Inside Me“-Manier von Jim Thompson der Meinung ist, dass, wenn schon jemand in seinem Revier ungestraft mit einem Mord davonkommt, er das doch bitteschön selbst ist. „Now here is a serial killer for modern times.“ Und ein Inspector der alten Schule.”

 

 

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“Zwölf Punkte”: Der Song Contest und die Krimistadt Wien

(c) Haymon

(c) Haymon

Wien steht momentan ganz im Zeichen des Song Contests. Deshalb habe ich mich inspirieren lassen und will hier und heute Punkte für Krimis vergeben, in denen Wien eine Rolle spielt. Frei nach dem “Douze Points”-Motto: “And finally twelve points go to Vienna!”. Das ist natürlich eine sehr subjektive Liste, weil ich nur Krimis ausgewählt habe, die ich auch gelesen habe – und von jedem Autor nur ein Buch.

Daher gleich ein Geständnis vorab: Ich habe “Der dritte Mann” von Graham Greene nie gelesen. Bei meinem einzigen Versuch vor vielen Jahren habe ich nach wenigen Seiten aufgegeben. Ein Schicksal, das allerdings mehrere Greene-Bücher teilen. Aber ich werde es irgendwann wieder versuchen. Vielleicht finde ich dann auch eine Erklärung dafür, warum es mit Greene einfach nicht klappen will.

1 Punkt – Thomas Raab: “Der Metzger sieht rot”

Es war mein Einstieg in die Metzger-Welt. Mir gefällt der Metzger aus dem Buch jedenfalls wesentlich besser als die TV-Umsetzung, mit Ausnahme des gut besetzten Robert Palfrader.

2 Punkte – Georg Haderer: “Engel und Dämonen”

Mittlerweile hat es Haderers Major Johannes Schäfer ja aufs Land gezogen, doch mir hat dieser in Wien spielende Krimi bislang am besten gefallen. Ich persönlich würde ihn auch wieder viel lieber dort ermitteln sehen. Aber vielleicht kehrt er irgendwann zurück!

3 Punkte – Olen Steinhauer: “The Vienna Assignment”

Olen Steinhauer ist mit seiner Milo-Weaver-Trilogie (“Der Tourist”, “Last Exit”, “Die Spinne”) und “Die Kairo-Affäre” im deutschsprachigen Raum bekannt geworden. Ich habe ihn erstmals mit der Spionage-Geschichte “The Vienna Assignment”, die bislang nicht übersetzt wurde, kennengelernt.

4 Punkte – Wolf Haas: “Komm, süßer Tod”

Eine Wien-Krimi-Liste ohne Wolf Haas ist eigentlich nicht vorstellbar. Der Sprachwitz und der markante Haas’sche Erzählstil verraten schon ganz schön viel über Wien.

5 Punkte – Charles Cumming: “Die Trinity-Verschwörung”

Ein Weltklasse-Spionageroman, der auch in Wien spielt. Am stärksten hat sich mir die Mord-Szene im “Kleines Café” eingebrannt. Wien-Besuchern kann ich dieses nur empfehlen.

6 Punkte – Robert Littell: “Philby”

Littells Spionageroman rund um den echten Spion Kim Philby enthält auch einen ganz wichtigen Teil, der zur Zeit des Bürgerkriegs im Februar 1934 in Wien spielt. Das ist wirklich sehr lesenswert.

7 Punkte – Frederick Forsyth: “Die Faust Gottes”

Mittlerweile ist es schon fast zwei Jahrzehnte her, dass ich diesen Forsyth-Thriller gelesen habe. Wie bei Forsyth durchaus üblich, gibt es zahlreiche Schauplätze, einer davon ist Wien.

8 Punkte – Daniel Silva: “Der Zeuge”

Und schon wieder ein Spionageroman, von einem echten Könner des Genres. “Der Zeuge”, Teil vier der Gabriel-Allon-Reihe, ist mein Lieblingsbuch von Silva, das hängt auch – aber nicht nur – mit Wien zusammen.

10 Punkte – Stefan Slupetzky: “Lemmings Zorn”

Als Anhänger englischsprachiger Krimis konnte mich Stefan Slupetzky vor Jahren als erster österreichischer Autor davon überzeugen, dass es auch hierzulande hochkarätige Genreautoren gibt. Seither habe ich viele österreichische Krimis gelesen, aber Slupetzky hat mir mit “Lemmings Zorn” den Weg bereitet.

12 Punkte – Peter Wehle: “Die Wiener Gaunersprache”

Da der Song Contest ja auch ein Trash-Event ist und nicht immer alles ganz so ernst genommen wird, vergebe ich meine zwölf Punkte an ein Werk, an dem kein Wien-Fan vorbeikommt, vor allem wenn er Krimis liebt. Wer Wien und seine Gauner besser verstehen will, sollte sich dieses lexikalische Werk, das nun auch als Taschenbuch erhätlich ist, zulegen. Willkommen in der Welt der “Strizzis”, “Kieberer”, “Tschecheranten” und “Flitscherl”!

Ach ja: Wer Lust hat, kann mir seine persönliche Wien-Krimi-Wertung schicken, vielleicht lässt sich dann ein Gesamtsieger nach Song-Contest-System finden (es müssen dabei ja auch nicht alle Punkte von 1-12 vergeben werden)! Es würde mich einfach interessieren, was eure liebsten Wien-Krimis sind…

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Greg Iles: Natchez Burning

(c) Rütten & Loening

(c) Rütten & Loening

“Die Vergangenheit ist niemals tot. Sie ist nicht einmal vergangen”, zitiert US-Thrillerautor Greg Iles den großen William Faulkner. Das reicht wohl aus, um Greg Iles zum “neuen Faulkner für die Breaking-Bad-Generation” zu machen, wie auf dem Rückentext des 1000-Seiten-Krimiwälzers “Natchez Burning” zu lesen ist. Doch mit solchen hochtrabenden Vergleichen tut man dem Buch nichts Gutes. Denn Iles’ Rassismus-Drama funktioniert zwar perfekt nach dem in den USA weit verbreiteten Motto “educate and entertain”. Es ist eine spannende Geschichtsstunde (genau genommen sind es viele Geschichtsstunden!), in der Iles niemals anklagend wird und ein rassistisches Amerika in den 1960er Jahren porträtiert, das gerade aufgrund der aktuellen Bezüge zur Situation in den USA nichts an Dringlichkeit verloren hat. Doch der große Wurf ist das Buch leider nicht.

Die Handlung von “Natchez Burning” setzt in den von alltäglichem Rassismus geprägten 1960er-Jahren ein, spielt die größte Zeit aber im Jahr 2005. Im Zentrum der Geschichte steht Penn Cage, der Bürgermeister von Natchez, dessen Vater im Verdacht steht, eine schwarze Krankenschwester getötet zu haben. Schon bald wird Penn klar, dass er seinem Vater nur dann helfen kann, wenn er beginnt, in der Vergangenheit zu wühlen, die bis in die Gegenwart nachwirkt. Denn ein geheimer Ku-Klux-Klan-Ableger – die sogenannten Doppeladler – hat nichts an Bedrohlichkeit verloren.

Iles ist sein äußerst ambitioniertes Werk hoch anzurechnen. Denn “Natchez Burning” ist nur der Auftakt zu einer Trilogie (der nicht minder dicke Teil zwei, “The Bone Tree”, ist soeben in den USA erschienen). Dennoch verwundert es, dass ausgerechnet bei einem episch ausgebreiteten Thriller wie diesem eine eigene starke schwarze Stimme fehlt – zumal Iles auf vielen Perspektiven erzählt. Iles kann seinen US-Kollegen James Ellroy (L.A.-Quartett, Underworld-Trilogie) und Don Winslow (“Tage der Toten”), denen er offenbar nacheifert, leider auch erzählerisch und sprachlich nicht das Wasser reichen. Er erzählt sehr konventionell, ihm fehlen die sprachliche Extravaganz eines Ellroy und die Raffinesse eines Winslow.

Neben all den gewaltsamen durch Rassisten verursachte Tode spielen aber überraschenderweise auch Krankheit und natürliche Tode eine nicht unwichtige Rolle in “Natchez Burning”. Ich habe mich zeitweise gewundert, weil so viele Nebenpersonen erkrankt oder verstorben sind. Das hängt aber vielleicht mit Iles’ eigenem Schicksal zusammen. Er schwebte nach einem Autounfall vor vier Jahren – bei dem sein Vater ums Leben kam – selbst einige Zeit in Lebensgefahr. Iles musste das rechte Bein unterhalb des Knies amputiert werden, seine Rehabilitation dauerte viele Monate.

Dennoch ist es keine verlorene Zeit, diese 1000 Seiten zu lesen. Iles, der übrigens selbst in Natchez, Mississippi, lebt,  schreibt sehr kurzweilig. Langeweile kommt nicht auf. Es ist halt ein klassischer Thriller mit einem ebensolchen Ende. Ich habe mein generelles Problem mit Thrillern, die ich ja früher verschlungen habe, hier schon öfter geschildert: Man ist gefesselt, bleibt aber mit einem etwas leeren Gefühl zurück.

Für Iles ist es also ein sehr persönliches und persönlich wichtiges Buch, wie wohl die ganze Trilogie. Leider bleiben mir die Charaktere zu blaß, ich konnte nie so richtig mitleiden und blieb stets distanzierter Beobachter. Daher kann ich nur

6 von 10 Punkten

vergeben, obwohl ich gern mehr vergeben hätte.

Greg Iles: “Natchez Burning”, übersetzt von Ulrike Seeberger, 1008 Seiten, Rütten & Loening.

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Über Sinn und Unsinn von Krimi-Anthologien

(c) Atria

(c) Atria

“Erlesene Krimis” heißt das von Eva Rossmann und Rotraut Schöberl in Österreich herausgegebene Gratis-Büchlein anlässlich des Welttag des Buches. Darin versammeln sich über 20 Ausschnitte aus Krimis namhafter Autoren, in denen Bücher, Buchhändler oder Bibliotheken eine große Rolle spielen. An sich ist das eine feine Idee, allerdings kann ich mit dieser Krimi-Anthologie aus mehreren Gründen nicht viel anfangen.

Erstens killt schon die Grundidee das Grundprinzip jedes guten Krimis: Spannung zu erzeugen. Die ausgewählten Passagen sind nicht die spannendsten, gewitztesten, ausgeklügeltsten oder einfach besten der jeweiligen Bücher, sondern bloß solche, die auf andere Bücher verweisen.

Zweitens hat die Auswahl für mich dadurch einen unguten Beigeschmack: Der zwanghafte Bezug auf Bücher und das Lesen lässt den Eindruck entstehen, dass es dem Krimi-Genre an höherer literarischer Qualität mangeln könnte. Wer heute noch mit Krimis nur Jerry-Cotton oder simple Whodunnits verbindet, dem ist aber ohnehin nicht zu helfen. Gute Krimis haben es nicht nötig, durch einen Literaturbezug veredelt zu werden.

Drittens geben Rossmann und Schöberl im einleitenden Interview zu, nur Textpassagen aus Werken ihrer Lieblingsautoren ausgewählt zu haben. Das finde ich schade, denn hier hätten die beiden die Chance nutzen können, noch weitere Krimikenner- und liebhaber einzubinden, um noch passendere Texte zu finden.

Viertens verhelfen die beiden also Autoren zwar zu Aufmerksamkeit, die diese zweifellos verdient haben. Meiner Meinung nach tun sie den Autoren damit aber nur begrenzt einen Gefallen. Denn beim Lesen einiger Texte entstand bei mir Langeweile – auch weil der Bezug zu Büchern, Buchhändlern oder Bibliotheken manchmal ziemlich erzwungen wirkt. Was hier also gut gemeint ist – nämlich guten Krimis zu Aufmerksamkeit zu verhelfen – läuft meiner Meinung nach Gefahr, das Gegenteil zu bewirken. Gute Krimis lassen sich eben nicht immer anhand von zwei, drei Seiten beurteilen – vor allem, wenn diese Seiten nicht zu den wichtigsten oder aussagekräftigsten zählen.

Sollte – hier gelange ich zu Punkt fünf – die Idee gewesen sein, Nicht-Krimi-Leser für das Genre neugierig zu machen, so funktioniert das aus den Gründen zwei und vier nicht. Diese Krimi-Anthologie vermittelt schlicht und einfach nicht, warum man Crime Fiction liest – leider.

Mein Fazit: Ich gebe zu, ich habe wohl zu viel erwartet. Denn als nettes Gratis-Büchlein zum Welttag des Buches, das Bücher feiert, ist “Erlesene Krimis” wohl perfekt. Nun liebe auch ich Bücher, aber wegen ihres Inhalts. Mit der Beweihräucherung des Buches einmal pro Jahr kann ich wenig anfangen – denn ich feiere ohnehin jeden Tag mit einem (meist auch guten) Buch!

Wer mir aufmerksam bis hierher gefolgt ist, wird sich erinnern, dass der Titel dieses Beitrags “Über Sinn und Unsinn von Krimi-Anthologien” lautet. Daher komme ich zum Abschluss zu einer Krimi-Anthologie, die wirklich Sinn macht. Wer Krimis liebt, sollte dringend die geniale Krimi-Anthologie “Books to die for”, herausgegeben von John Connolly und Declan Burke, konsultieren. Darin empfehlen die besten Krimiautoren der Gegenwart ihren jeweiligen Lieblingskrimi – also Bücher, für die es sich zu sterben lohnt!

Und ich wüsste auch ein Buch, das man bei “Erlesene Krimis” berücksichtigen hätte können: “Tower” von Ken Bruen und Reed Farrel Coleman. Hier nehmen die Autoren explizit Bezug auf Kriminalliteratur. “Ich kann mit Romanen nicht so viel anfangen”, sagt eine der beiden Hauptfiguren zu einer Buchhändlerin. Diese ruft daraufhin zu jemanden, der zwischen den Stapel lauert: “Das große Umlegen, Der Malteser Falke, Rote Ernte, Der lange Abschied, Lebewohl, mein Liebling, Die kleine Schwester.” Krimikenner wissen, was für Bücher hier gemeint sind. Kurz darauf verlässt die Hauptfigur das Geschäft mit sechs Taschenbüchern – genial oder?

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KrimiZeit-Bestenliste im Mai: Ein Abgleich

sturmueberneworleansEs ist wieder KrimiZeit. Ich habe James Lee Burkes “Sturm über New Orleans” vor wenigen Tagen fertiggelesen. Und ich kann nur sagen: Das ist eine gute Wahl. Es ist Burkes wohl politischster und auch wütendster Krimi, wie er selbst im Vorwort schreibt. Das spürt man beim Lesen teilweise sehr stark. Burke beleuchtet die Vorgänge um und in New Orleans nach dem Hurrikan Katrina. Er gewährt damit Einblick in eine der größten humanitären Katastrophen der USA. Es mag vielleicht nicht Burkes bester Robicheaux-Krimi sein – wirklich kann ich das allerdings nicht beurteilen, weil es mein Einstieg ins Robicheaux-Universum war – aber das Buch ist für mich jetzt schon ein Favorit für meine persönliche Krimi-Jahresbestenliste.

William McIllvanneys “Die Suche nach Tony Veitch” lese ich gerade. Und ich muss mich wiederholen, ich glaube das ist gleich der nächste heiße Anwärter für meine Jahresbestenliste. Dieser Schotte schreibt wirklich genial bzw. ist auch perfekt von Conny Lösch übersetzt.

Tja, und Adrian McKintys “Die verlorenen Schwestern” habe ich am Wochenende beendet. Auch McKinty, einer meiner Lieblingsautoren, hat wieder ein starkes Stück Kriminalliteratur vorgelegt. Es ist also eine echt gute Zeit im Moment!

Das ist auch gut so, denn davor musste ich mich zwischen Greg Iles’ “Natchez Burning” und James Ellroys “Perfidia” entscheiden. Zwei 1000-Seiten-Wälzer wollte ich nicht lesen. Es wurde daher “Natchez Burning”. Ich habe die Wahl zwar nicht bereut, Ellroy wäre aber wohl der bessere Griff gewesen. Dazu mehr aber hier in meinem nächsten oder übernächsten Beitrag.

Ach ja: “Schwarzblende” und “Prime Cut” will ich auch noch lesen (aber wann?). Und Benjamin Blacks Chandler-Hommage “Die Blonde mit den schwarzen Augen” werde ich mir wohl für den Sommerurlaub aufheben. Dann könnte ich mir auch einen Chandler einpacken und einen Vergleich machen. Aber das ist nur so eine Idee…

Die Liste im Überblick:

1 (10) James Lee Burke: Sturm über New Orleans
2 (2) Zoë Beck: Schwarzblende
3 (3) James Ellroy: Perfidia
4 (4) Mike Nicol: Bad Cop
5 (1) William McIlvanney: Die Suche nach Tony Veitch
6 (5) Giancarlo de Cataldo/Carlo Bonini: Suburra
7 (6) Adrian McKinty: Die verlorenen Schwestern
8 (7) Alan Carter: Prime Cut
9 (-) Benjamin Black: Die Blonde mit den schwarzen Augen
10 (-) Dominique Manotti: Abpfiff

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Friedrich-Glauser-Preis für Tom Hillenbrands “Drohnenland”

(c) KiWi

(c) KiWi

Ich habe ja gerade von einem der wichtigsten US-Preise für Kriminalliteratur berichtet. Nun wurde auch der wohl wichtigste deutsche Krimipreis – neben dem Deutschen Krimi Preis natürlich – vergeben: Der Friedrich-Glauser-Preis. Danke, Schneemann, ohne dich hätte ich den Preis glatt übersehen 😉

Als bester Roman 2015 wurde “Drohnenland” von Tom Hillenbrand ausgezeichnet. Das ist definitiv eine gute Wahl! “Drohnenland” war für mich eine der großen Überraschungen des Lesejahrs 2014. Die Jury begründet ihre Wahl folgendermaßen: “Nicht zuletzt stellt der Roman die wichtige Frage nach der Realität im digitalen Zeitalter. Was ist noch wahrhaftig, wenn unsere Wahrnehmung von Maschinen manipuliert werden kann?”

Normalerweise passen der Glauser und ich ja nicht so ganz zusammen. Manche Entscheidungen haben mich sogar wenig begeistert (Stichwort: “Der Kameramörder” von Thomas Glavinic halte ich für schwer überschätzt). Umso mehr freut es mich, dass Hillenbrand hier für sein mutiges Buch abseits seines erfolgreichen Kulinarik-Krimipfades gewürdigt wird.

Ach ja, Sascha Arangos hochgelobtes Buch “Die Wahrheit und andere Lügen” wurde als bestes Krimidebüt ausgezeichnet. Bei mir steht das Buch im Regal, ich bin bisher aber noch nicht dazu gekommen, es zu lesen.

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Edgar Award geht an Stephen Kings “Mr. Mercedes”

(c) Heyne

(c) Heyne

Ende April wurden die wichtigen Edgar-Awards (benannt nach Edgar Allan Poe) vergeben. Zum besten Krimi 2015 wurde Stephen Kings “Mr. Mercedes” gekürt. Und das ist gut so – in diesem Fall, aber nicht, weil ich das Buch gelesen und für gut empfunden hätte. Sondern weil ich ohne die Vergabe des Edgar Awards an Stephen King wohl nie die Inhaltsangabe dieses Buches genauer gelesen hätte. Ich dachte damals im Herbst, als das Buch neu erschienen war: Das klingt ja so wie sein Horror-Meisterwerk “Christine”. Und damit war das Buch für mich abgehakt. Tja, so kann man sich irren.

Sorry Marcus, ich hätte nur deine Kritik “Das Böse fährt deutsch” lesen müssen. Besonders gefällt mir, dass er sein Buch dem Krimiautor James M. Cain (“Wenn der Postmann zweimal klingelt”, noch sein ein Muss-Klassiker, den ich noch nicht gelesen habe!) widmet und ihn zudem ebenso zitiert wie die TV-Serie “The Wire”, die angesichts der aktuellen Ereignisse in Baltimore wieder in aller Munde ist.

Stephen King ist ein Meister, dennoch lese ich ihn selten. Ich will kurz erklären, woran das liegt. Am besten geht das anhand der zwei Dilemmata, die er bei mir aufwirft.

  • Ich halte Stephen King einerseits für einen der begnadetsten Erzähler überhaupt – andererseits mag ich das Horrorgenre an sich nicht wirklich.
  • Ich kann King-Bücher so richtig perfekt verschlingen, aber er könnte sich ruhig ein wenig kürzer fassen.
  • Es gibt so viele andere gute Krimis von mir noch unbekannten Autoren da draußen, die ich entdecken will.

Aber ich gebe zu, ich bin schwer in Versuchung geführt. Mr. Mercedes klingt wirklich vielversprechend. Und zwei der vergangenen Preisträger waren für mich persönliche Lese-Highlights: Steve Hamiltons “Der Mann aus dem Safe” (Gewinner 2011) und Dennis Lehanes “In der Nacht” (Gewinner 2013).

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Krimis, die man 2015 lesen sollte (IV)

(c) Alexander Verlag Berlin

(c) Alexander Verlag Berlin

Diesmal bin ich mit meinen Tipps zu den Krimierscheinungen im April sehr spät dran. Buch Nummer eins ist daher schon seit einem Monat (1. April) erhältlich – genau genommen aber auch schon viel länger. Denn “Miami Blues” zählt eigentlich zu den Klassikern des Genres und ist im Original 1984, auf Deutsch erstmals 1987 erschienen. Ich muss aber gleich gestehen, ich habe Charles Willefords Buch noch nicht gelesen, daher bin ich auch froh über diese Alt-Neuerscheinung. Auf krimi-couch.de wird er als “das für lange Zeit verkannte und unbeachtete Pulp-Genie Amerikas” bezeichnet.

Der Verlag schreibt zur Handlung: “Frederick Frenger Junior kommt gerade aus dem Knast. Doch viel Zeit, seine wiedergewonnene Freiheit in Ruhe zu genießen, bleibt ihm nicht. Am Flughafen von Miami bricht er einem ihm lästigen Krishna-Anhänger aus Bosheit einen Finger. Da nimmt das absurde Unheil seinen Lauf: Der Angegriffene stirbt völlig unvermutet an dem erlittenen Schock. Doch da hat sich Frenger schon längst aus dem Staub gemacht. Als er nur wenig später mit der Bedienung Susan in einem Coffee-Shop anbandelt, ahnt er nicht, dass er sich ausgerechnet die Schwester seines Opfers ausgesucht hat. Erst als sie in den Verdacht gerät, in den Tod ihres Bruders verwickelt zu sein, dämmert ihm, wie tief er in der Klemme sitzt. Kurz entschlossen plant er einen großen Coup, der alle seine Probleme mit einem Schlag lösen soll. Aber da ist ihm der Ermittler Hoke Moseley schon dicht auf der Spur.”

(c) Suhrkamp

(c) Suhrkamp

Auch Don Winslows “China Girl” ist nicht mehr ganz frisch. Der zweite Teil aus Winslows Neal-Carey-Serie ist im Original 1992 erschienen und wird nun (seit 7. April erhältlich) endlich wieder aufgelegt. Über Winslow zu schwärmen, erspare ich mir. Jeder Leser dieses Blogs weiß ohnehin von meiner Vorliebe für diesen Autor. Ich werde mir die Carey-Serie (aus der ja bis Ende des Jahres noch weitere Teile erscheinen) aber für später vornehmen. Ich komme angesichts der vielen spannenden Neuerscheinungen der letzten Monate momentan einfach nicht dazu.

Der Verlagstext: “Robert Pendleton ist ein Chemiegenie; was er entwickelt, bedeutet nicht nur Fortschritt, es bedeutet vor allem Reichtum und Macht. Als er plötzlich verschwindet, sind alle in Aufruhr: die CIA, die chinesische Regierung und die »Bank«, die sehr viel Geld in Pendletons Forschung investiert hat. Neal Carey soll ihn wiederfinden – ein Routinejob, wie er glaubt, bis er auf die schöne und geheimnisvolle Li Lan trifft. Im dunklen Herzen Chinas soll Neal die Antwort auf alle Fragen finden – oder den Tod.”

(c) Limes

(c) Limes

Seit 27. April ist Caryl Fereys Thriller “Jähzorn” erhältlich. Dieser ist wirklich neu 😉 Das Buch steht bei mir ziemlich weit oben auf der Leseliste. Das hat drei Gründe. Erstens ist Ferey Franzose und als alter Schotten-, Iren-, Nordiren- und US-Crime-Fiction-Fan bin ich froh über Spannungsliteratur abseits meiner üblichen (aber geliebten!) Pfade. Zweitens scheint mir “Jähzorn” thematisch sehr interessant – Ferey entführt uns nach Argentinien und wird wohl mit einer interessanten Geschichtsstunde aufwarten. Und drittens hätte mich eigentlich schon sein Vorgänger “Zulu” interessiert, der mit Orlando Bloom in der Hauptrolle verfilmt wurde. Dieses Buch spielte in Südafrika. Ferey liebt also ungewöhnliche und unterschiedliche Orte – das finde ich sehr angenehm, denn normalerweise begnügen sich Autoren mit jenem Setting, in dem sie schon einmal erfolgreich waren.

Der Verlag schreibt: “Rubén ist der Sohn des berühmten aufständischen Dichters Calderón, der in den Verliesen der argentinischen Diktatur zu Tode gefoltert wurde. Rubén selbst entkam nur knapp, doch er ist fürs Leben gezeichnet. Dreißig Jahre später widmet er sich der Verfolgung der damaligen Täter und sucht nach anderen Überlebenden wie ihm. Als er eines Tages der indianischen Bildhauerin Jana begegnet, die ihn damit beauftragt, die brutalen Mörder einer Prostituierten zu finden, ändert sich sein Leben für immer – denn beide verbinden sowohl Schmerz als auch Wut. Doch im heutigen wie im damaligen Argentinien ist es nie gut, zu viele Fragen zu stellen, denn der Tod und seine Henker lauern überall …”

Tja, der April war vergleichsweise schwach, gönnt mir aber die Möglichkeit, ein paar der vielversprechenden Krimis aus dem März nachzuholen, nachdem mich zuletzt Greg Iles mit seinem 1000-seitigen Rassismus-Epos “Natchez Burning” ein wenig aufgehalten hat. Aber dazu bald mehr!

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