Monthly Archives: October 2018

D.B. Blettenberg: Falken jagen

(c) Pendragon

Ehrlich, ich war ein wenig enttäuscht. Von dem zweimaligen Deutscher Krimipreis-Sieger D.B. Blettenberg hätte ich mir mehr erwartet. Nun ist “Falken jagen” kein schlechter Kriminalroman, aber aus meiner Sicht eben auch nur ein durchschnittlicher. Warum also wird dieser Autor mit Krimipreisen überhäuft? Da finde ich vor allem die deutschen Krimiautorinnen Monika Geier, Simone Buchholz und Zoë Beck im Vergleich viel frischer. Mir fehlt die handwerkliche Raffinesse: Die Schreibe ist etwas zu träge, die Handlung plätschert sehr konventionell vor sich hin, Spannung kommt dadurch eigentlich nicht auf. Es müssen ja nicht ständige Turns und Cliffhanger sein, aber ein wenig davon wäre nicht schlecht. Zumindest die Charaktere funktionieren einigermaßen und wirken glaubwürdig.

Das Positive: Blettenberg greift ein gern verdrängtes und vergessenes Kapitel deutscher Geschichte auf – die Verbrechen der Wehrmacht in Griechenland während des Zweiten Weltkrieges. Das tut der Autor auch sehr sensibel und für das Aufgreifen dieses Themas gebührt ihm Dank. Man soll gewisse Dinge nicht vergessen. Aber wie gesagt, so richtig auf die Reise mitnehmen konnte mich Blettenberg aus den oben erwähnten Gründen nicht. Auch der Bezug zum Massaker der US-Armee in der vietnamesischen Ortschaft My Lai war für mich nicht ganz nachvollziehbar.

Ich bin ein wenig ratlos, aber bei mir ist der Funke leider nicht übergesprungen. Ein Lob habe ich aber noch: Das Cover finde ich echt gelungen, weil es auch gut zum Inhalt passt.

4 von 10 Punkten

D.B. Blettenberg: “Falken jagen”, Pendragon Verlag, 384 Seiten.

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Krimi-Bestenliste September und Oktober: Ein Abgleich

(c) Pulp Master

Tja, im Moment komme ich einfach nicht in dem Rhythmus zum Bloggen wie ich gerne würde. Daher serviere ich den Abgleich mit der Krimi-Bestenliste diesmal auch im Doppelpack. Mein Glück: Tom Franklin hat sowohl im September als auch im Oktober mit “Krumme Type, krumme Type” die Topplatzierung erobert. Gute Entscheidung, kann man da nur sagen.

Was kann ich sonst sagen? Von den September-Neueinstiegen habe ich Blettenbergs “Falken jagen” und Harpers “Ins Dunkel” gelesen. Blettenberg hat mich enttäuscht, Harper ist hingegen sehr solide. Interessant bei der September-Liste: Hier sind mit “Krokodilstränen” und “Der Privatsekretär” zwei südamerikanische Kriminalromane vertreten.

Die Neueinsteiger des Oktobers sind durchgehend interessant. André Georgis “Die letzte Terroristin” und Dennis Lehanes “Der Abgrund in dir” habe ich kürzlich gelesen. Beide Bücher sind ein Lesevergnügen, besonders angetan hat es mir diesmal aber Georgis Roman, der eine klare Steigerung zu seinem Debüt “Tribunal” hinlegt. Mick Herrons “Slow Horses” und “Safe” von Ryan Gattis (sein Buch “In den Straßen die Wut” war für mich der beste Kriminalroman des Jahres 2016) sind für mich Pflichtprogramm. “Mexikoring” von Simone Buchholz (“Beton Rouge” hat mich sehr begeistert) möchte ich auch unbedingt lesen, bei Leroys “Die Verdunkelten” bin ich mir noch nicht ganz sicher, obwohl mich “Der Block” großteils überzeugt hat.

Hier die beiden Listen im Überblick:

Oktober:

1. Tom Franklin: Krumme Type, krumme Type (1)
2. Mick Herron: Slow Horses (-)
3. Jo Nesbø: Macbeth (9)
4. André Georgi: Die letzte Terroristin (-)
5. Simone Buchholz: Mexikoring (-)
6. Mercedes Rosende: Krokodilstränen (3)
7. Jérôme Leroy: Die Verdunkelten (-)
8. Ryan Gattis: Safe (-)
9. Dennis Lehane: Der Abgrund in dir (-)
10. Lisa McInerney: Glorreiche Ketzereien (2)

September:

1. Tom Franklin: Krumme Type, krumme Type (-)
2. Lisa McInerney: Glorreiche Ketzereien (1)
3. Mercedes Rosende: Krokodilstränen (-)
4. Claudia Piñeiro: Der Privatsekretär (6)
5. Gianrico Carofiglio: Kalter Sommer (8)
6. Max Annas: Finsterwalde (10)
7. J.G. Ballard: Millennium People (-)
8. D. B. Blettenberg: Falken jagen (-)
9. Jo Nesbø: Macbeth (-)
10. Jane Harper: Ins Dunkel (-)

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Krimis, die man 2018 lesen sollte (VII)

(c) Ariadne

Val McDermid bezeichnet Denise Mina als die “ungekrönte Königin des schottischen Thrillers”. Mich hat die Autorin mit ihrem Alex-Morrow-Roman “Das Vergessen” jedenfalls überzeugt. Nun ist “Blut Salz Wasser” erschienen. Pflichtlektüre, würde ich sagen.

Das schreibt der Verlag: Iain Fraser stammt aus Helensburgh. War lange weg, eine Haftstrafe absitzen. Jetzt ist er zurück. Und muss tun, was sein Boss von ihm erwartet, egal wie, egal was. Aber eine arglose Frau zu töten ist verdammt finster. Das wird Iain nicht mehr los. Inzwischen steht Detective Inspector Alex Morrow vor einem Rätsel. Die von der Polizei überwachte Roxanna Fuentecilla ist verschwunden – sehr peinlich, zumal die Spanierin in einen Fall von Wirtschaftskriminalität verwickelt ist, der dem frisch verschlankten Budget der zuständigen Ermittlungsabteilung helfen sollte. Die Leiche, die im Loch Lomond treibt, ist jedoch nicht die der Gesuchten. Morrow hat also zusätzlich einen Mordfall am Hals. Und der führt sie nach Helensburgh …

(c) Rowohlt Polaris

Jane Harper hat mit ihrem Debüt “The Dry” (Achtung: die Taschenbuchausgabe heißt nun “Hitze”) gleich den “Gold Dagger Award” gewonnen. Nun legt sie mit “Ins Dunkel” also nach. Hier meine Meinung dazu.

Grausamer als die Natur ist nur der Mensch: Fünf Frauen unternehmen eine Wanderung durch den australischen Busch, organisiert von ihrer Firma, ausgerüstet nur mit Kompass und Landkarte. Tage später kommen nur vier von ihnen zurück. Aaron Falk, Ermittler der australischen Polizei, muss die vermisste Alice Russell unbedingt finden. Sie ist seine Informantin bei einem Unternehmen, das unter dem Verdacht der Geldwäsche steht. Alice kennt nicht nur die Machenschaften der Firma, sondern auch die dunklen Geheimnisse ihrer Kolleginnen, mit denen sie unterwegs war. Die Wildnis ist unerbittlich, lange wird Alice hier nicht überleben. Doch die wahre Gefahr droht von ganz anderer Seite ...

(c) Rowohlt Polaris

Wenn ich ehrlich bin, bei diesem Buch bin ich skeptisch. Natürlich sind Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit nicht wegzudiskutieren. Mir erscheint das Szenario (“Die meisten Deutschen mit fremden Wurzeln befinden sich in Übergangslagern”) des Buches aber als übertrieben. Die Vorgänger “Die Mauer” und “Illegal” haben mich zudem nicht wirklich überzeugt.

Die EU gibt es nicht mehr. Überall in Europa haben Nationalisten und Fremdenfeinde das Sagen. Leute ohne deutschen Pass werden aus ihren Wohnungen abgeholt, Staatsbürgerschaften aufgekündigt. Die meisten Deutschen mit fremden Wurzeln befinden sich in Übergangslagern, sie hoffen auf eine internationale Lösung, ein Abkommen mit einem Land, das sie aufnehmen wird. Doch auch die korruptesten Regimes weigern sich. Zu schlecht integrierbar, heißt es. Was sie meinen ist: zu viel aufrührerisches Potential. In Finsterwalde, einer geräumten Provinzstadt, hat man Tausende Schwarze kaserniert. Unter ihnen Marie mit ihren beiden Kindern. Die Versorgung ist spärlich, die Grenzzäune sind streng bewacht, Strukturen müssen erst noch geschaffen werden. Die Devise heißt Überleben. Da geht das Gerücht, in Berlin seien drei schwarze Kinder zurückgeblieben, vergessen von allen. Marie beschließt, einen Weg aus dem Lager zu finden, um die drei vor dem sicheren Tod zu retten.

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James Rayburn: Fake

(c) Tropen

“Fake” ist eine der positiven Überraschungen des bisherigen Krimijahres. Eigentlich hatte ich mir nur einen soliden, wendungsreichen Politthriller erhofft, aber dieses Buch von James Rayburn, übrigens ein Pseudonym des Autors Roger Smith, ist mehr.

Bei einem Drohnenangriff in Syrien kommt nicht nur das eigentliche Ziel ums Leben, sondern auch eine amerikanische Geisel. Doch um den Friedensprozess im Nahen Osten nicht zu gefährden, soll Catherine Finch weiter am Leben erhalten werden, bis die Friedensverhandlungen abgeschlossen sind. CIA-Agent Pete Town wird mit dieser Mission beauftragt.

Rayburn erzählt seine Geschichte aus mehreren Perspektiven. Nicht nur aus der des CIA-Agenten Town und dessen Frau Ann, sondern auch aus der des Witwers Richard Finch, des skrupellosen Killers Dudley Morse und des zwielichtigen Lobbyisten Kip Littlefield. Der Titel des Buches ist Programm. Hier wird etwas vorgetäuscht, aber schon bald wird klar, dass Wahrheit und Legende zunehmend verschwimmen. Die Ereignisse beginnen sich zu überschlagen.

Das mag manchmal zu viel für eine Geschichte sein, wirkt aber dennoch realistisch. Zudem versteht es Rayburn, glaubwürdige Charaktere zu erschaffen. Nur die beiden “Bösen” Dudley Morse und Kip Littlefield sind ein wenig eindimensional geraten, aber alle anderen Figuren sind sehr fein gezeichnet. Auch die instrumentalisierte Schauspielerin Kirby Chance ist nicht ganz so naiv, wie man es zu Beginn vermuten mag.

“Fake” ist eine sehr zeitgemäße Geschichte, die auf vielen Ebenen zu überzeugen weiß.

9 von 10 Punkten

James Rayburn: “Fake”, übersetzt von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann, Tropen, 383 Seiten.

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