Chastity Riley ist ein ungewöhnlicher Name für eine Hamburger Staatsanwältin. So gesehen ist der Name Programm bei der Krimi-Reihe von Simone Buchholz, aus der nun Band sieben, “Beton Rouge”, vorliegt. Denn vieles ist ungewöhnlich im Universum von Riley, die es diesmal mit einem besonderen Fall zu tun bekommt: Vor einem Verlagsgebäude steht eines Morgens ein Käfig. Darin liegt nackt, misshandelt und betäubt ein Manager des Verlags. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit ist gewiss. Nur so viel sei verraten: Es wird nicht der letzte Käfig sein.
Es ist meine zweite Begegnung mit Chastity Riley, deren literarische Bekanntschaft ich erstmals mit “Blaue Nacht” (dem sechsten Teil) machen durfte. Damals war ich noch ein wenig verhaltener in meiner Kritik, ich hatte das Phänomen noch nicht so ganz erfasst. Ein Buch später sehe ich das aber schon besser.
Der Autorin gelingt es immer wieder auf faszinierende Weise, gesellschaftliche Phänomene aufzugreifen und dann mit einer wilden, eigenwilligen, ausufernden Geschichte zu vermischen. Ihre Bücher leben vor allem von dem nicht immer ganz verständlichen, oft widersprüchlichen und daher sehr authentischen Innenleben der Hauptfigur. Chastity Riley ist eine völlig unangepasste, eigenwillige Frau, die sich in keine der üblichen Schubladen einordnen lässt.
Es steckt auch sehr viel Witz in den Kriminalromanen der Autorin. Diesmal bekommen etwa die Bayern – Riley muss dienstlich in den Süden Deutschlands – etliche bissige Seitenhiebe ab. Man könnte natürlich auch Plot-Schwächen kritisieren, das wäre aber kleinlich. Riley-Romane funktionieren nun mal so. Man kann sich dem Sog dieser ganz eigenen Welt, die Buchholz erschafft, nur schwer entziehen.
Falls ich es hier nicht schon erwähnt habe: Das Cover zählt für mich zu einem der besten des heurigen Krimijahres. Sehr stimmungsvoll. Auch in Kombination mit dem ungewöhnlichen Titel.
8 von 10 Punkten
Simone Buchholz: “Beton Rouge”, Suhrkamp Nova, 227 Seiten.
Mir hat das Buch ebenfalls sehr gut gefallen. Besonders gut finde ich, dass Frau Buchholz nicht immer in der alten Suppe kocht, sondern alte Zöpfe abschneidet und für Ihre Hauptdarstellerin neue Wege sucht. Irgendwann ist man nämlich die ewig gleichen Klischees schlichtweg leid. Der Schreibstil sucht seinesgleichen.