Mit seinem Krimidebüt “Die Farm”, das ich leider verpasst habe, hat der deutsche Autor Max Annas im Vorjahr für eine der großen Überraschungen gesorgt. Das Besondere daran: Sein Roman spielte, wie nun auch “Die Mauer”, in Südafrika. Der Autor hat auch einige Zeit in Südafrika gelebt, weiß also, wovon er spricht.
Nach nur zwei Thrillern hat sich Annas jedenfalls mitten in der deutschsprachigen Krimiszene etabliert. Das ist angesichts seiner beiden dünnen, nur jeweils rund 200 Seiten umfassenden Bücher beachtlich, sagt aber viel über seinen Stil aus: Der Handlungsbogen bei “Die Mauer” umfasst gerade einmal drei Stunden. Annas steigt direkt in die Geschichte ein, erzählt ohne Firlefanz und hält das Tempo bis zum Schluss – Sozialkritik inklusive. Und ich habe es hier schön öfter betont: Ich entwickle gerade ein Faible für kurz gehaltene, schnörkellose und prägnante Krimis.
“Die Mauer” führt die aktuelle KrimiZeit-Bestenliste an. Das Buch heimst eine Lobeshymne nach der anderen ein. Anne Kuhlmeyer lobt das Buch im “culturmag”: “Wie schon in seinem preisgekrönten Debüt ‘Die Farm’, dampft der Autor Rassismus, Bosheit, Gier und Gewalt auf wenige Augenblicke in begrenztem Raum ein. Gehetzt und getrieben kann man sich den Wendungen, die oft genug an der Mauer aufprallen, nicht entziehen, und bleibt ohne Aussicht auf Rettung und Befreiung durch einen göttlich geführten Exodus.” Auch Elmar Krekeler schwärmt in seiner “Welt”-Kolumne: “‘Die Mauer’ ist der schlackenloseste Thriller, der zur Zeit zu haben ist. Schnell, hart und gefährlich. Ein Gepard in Buchform.”
Stimmt. Dennoch hat mir irgendetwas gefehlt, um mich restlos zu begeistern. Der Krimi ist flüssig erzählt, immer spannend und auch fein gezeichnete Charaktere. Aber ein wenig hatte ich das Gefühl, nicht wirklich tiefer einzutauchen, nur an der Oberfläche zu bleiben. Die scheinbar sinnlose Explosion von Gewalt gegen Ende der Geschichte mag für Südafrika typisch sein, war für mich aber in dieser Intensität nicht ganz nachvollziehbar. Dramaturgisch ist diese Schlüsselszene aber fein gelöst.
Mir wurde da ein wenig zu viel hineingepackt, hinter diese Mauern dieser Gated Community. Das, was Krekeler ausdrücklich lobt – “Man kann zwei Regalmeter Literatur über Südafrika lesen. Oder zwei Romane von Max Annas. Der Erkenntniseffekt ist ungefähr derselbe. Letzteres geht schneller. Und macht deutlich mehr Spaß” – war mir einfach ein bisschen zu viel. Aber egal, Annas bereichert die deutschsprachige Krimilandschaft auf jeden Fall. Ich bin schon sehr gespannt auf seinen nächsten Krimi.
7 von 10 Punkten
Max Annas: “Die Mauer”, Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, 223 Seiten, 12,40 Euro