“Ich töte Männer. Und ich töte Frauen, denn ich will nicht diskriminierend sein”, sagt Titelfigur “Spademan” bereits auf der dritten Seite. Da haben bei mir das erste Mal die Alarmglocken geschrillt. Das mag ein cooler Spruch sein, glaubwürdig ist das für mich nicht. Das nehme ich diesem Müllmann einfach nicht ab. Das ist Pseudo-Moral. Mal ehrlich: Wer tötet Frauen nicht, weil er das diskriminierend findet? “Aber ich töte keine Kinder, denn dazu muss man ein echter Psychopath sein”, heißt es weiter. Das macht es für mich auch nicht unbedingt besser, das hat man schon in zahlreichen Filmen gesehen und gehört. Und: Ein Psychopath kann man auch sein, wenn man keine Kinder tötet.
Dennoch nimmt Adam Sternberghs “Spademan” vorerst rasant Fahrt auf. Sein Buch spielt in der Zukunft, nach einem verheerenden Anschlag in New York City. Das liest sich mitunter sogar witzig, auch die Bilder des apokalpytischen New York überzeugen phasenweise. Vor allem die Idee, dass sich viele Menschen zunehmend in virtuelle Welten “einstöpseln” (in gruseligen Hi-Tech-Betten liegend, während ihre körperlichen Hüllen immer mehr vergammeln), fand ich interessant. Manchmal habe ich diesen Eindruck ansatzweise jetzt schon, wenn ich mit der U-Bahn fahre: Der halbe Waggon wischt über irgendein kleines Display, grinst vor sich hin oder hat “weiße Drähte von den Ohren herabhängen”, wie das auch Lavie Tidhar in seinem düsteren und kafkaesken Parallelwelt-Thriller “Osama” beschrieben hat.
Rund 200 Seiten lang hat mir das Buch auch Spaß gemacht, danach ist bei mir die Stimmung allerdings gekippt – endgültig dann bei der brutalen Szene mit dem Pfefferspray. Ab da war ich genervt. So viel unnötiges Blutvergießen. Zudem will das Buch so etwas wie “Future noir” sein. Dazu ist es mir allerdings zu konventionell geraten. Nur ein futuristisches Setting reicht da nicht aus. Mir war das zu glatt.
Was man aus der feinen Ausgangssituation machen hätte können, hat mir Nathan Larson mit seinem Buch “2/14” gezeigt, das ich gleich anschließend an “Spademan” gelesen habe. Da passt der Ton perfekt zum düsteren Setting. Das ist mitunter auch verstörend. Auch “2/14” spielt in einem heimgesuchten New York und auch dort wird nicht wenig Blut vergossen. Doch während ich mehr von Larsons Helden Dewey Decimal (dazu hier schon bald mehr!) wissen will, steht für mich andererseits fest: Von dem Müllmann habe ich genug.
Wer gern eine andere, ganz konträre Meinung lesen will, dem empfehle ich einen Blick auf Nicoles Blog “My Crime Time”: “Ein Killer mit Prinzipien”. Schön, dass man Bücher so unterschiedlich lesen kann.
4 von 10 Punkten
Adam Steinbergh: “Spademan”, übersetzt von Alexander Wagner, 302 Seiten, Heyne Hardcore.