Der 1. Juni 2015 wird mein persönlicher Feiertag. Dann erscheint Don Winslows “Power of the Dog II”, so lautete zumindest bisher der Arbeitstitel, auf Deutsch. Das hat Droemer Knaur in seiner Vorvorschau für 2015 angekündigt. “Jahre des Jägers” wird das Buch rund um US-Drogenfahnder Art Keller heißen. “Power of the Dog” (auf Deutsch “Tage der Toten”) ist für mich das Krimi-Meisterwerk schlechthin. Eine Art Augenöffner: Es ist jenes Buch, das mich aus meiner Spionagethriller-Welle herausgelöst hat und letztlich zum Crime-Fiction-Süchtigen gemacht hat.
“Ja, aber…”, werden jetzt vielleicht einige einwenden und zwei Gründe nennen, warum Don Winslow nicht mehr der Alte ist: “Vergeltung” und “Missing. New York”. Seine beiden zuletzt auf Deutsch erschienenen Bücher (im Original übrigens bislang nicht auf den Markt gebracht) wurden von der Kritik wenig begeistert aufgenommen. Sogar Marcus vom Blog “Krimi-Welt”, der “Vergeltung” noch verteidigt hatte, bezeichnet Winslow spätestens jetzt als reaktionär: “Winslow setzt uns fast 400 Seiten lang dem dumpfen Weltbild eines Provinzlers aus, der mit staunendem Blick in der Weltmetropole landet, in der es von korrupten Cops, fiesen Reichen und unschuldigen Mädchen, die sich allein nicht wehren können, nur so wimmelt. Wäre der Roman „nur“ langweilig, man könnte ihn ignorieren, aber ‘Missing New York’ ist reaktionär – und läppisch.”
Ich habe mittlerweile beide Bücher gelesen und verstehe die Aufregung nicht ganz. Zugegeben, beide Bücher sind nicht der ganz große Wurf. Das ist für mich allerdings Jammern auf hohem Niveau. Die von Marcus herausgegriffenen Zitate, an denen er seine Kritik festmacht, kann ich zwar verstehen. Allein für sich stehend klingen diese Sätze ziemlich banal und eventuell sogar dumpf. Während des Lesens ist mir das aber nicht aufgefallen. Ich glaube das Hauptproblem liegt in der hohen Erwartungshaltung: Don Winslow darf einfach keine durchschnittlichen Thriller schreiben.
Umso spannender wird es sein, “Jahre des Jägers” zu lesen. Denn nach der Lektüre werde auch ich mir ein Urteil darüber bilden, ob Winslow sein Handwerk tatsächlich verlernt hat. Bislang kann ich mit seinem Ausflug in den Mainstream gut leben, allerdings erwarte ich mir von der Fortsetzung eines Meisterwerks halt schon ein weiteres Meisterwerk. Und damit wären wir wieder beim kniffligen Punkt der Erwartungshaltung 😉
Als Teil zwei meines kleinen Don-Winslow-Spezials will ich über Don Winslows Besuch in Wien (“Lange Nacht der Bücher” am 12. November) schreiben. Bislang tourte er ja noch höchst erfolgreich in Deutschland, wie man auch hier sehen kann:
Als Teil drei folgt dann meine ausführliche Rezension von “Missing. New York”. Bleibt dran!