William Shaw: Kings of London

(c) Suhrkamp Nova

(c) Suhrkamp Nova

William Shaws “Abbey Road Murder Song” war für mich eines der Krimi-Highlights des Jahres 2013. Mit Cathal Breen und Helen Tozer hat Shaw eines der charmantesten Ermittlerpaare der modernen Kriminalliteratur erschaffen.

Was mich am Nachfolger “Kings of London” am meisten beeindruckt: Der Autor geht sehr einfühlsam mit all seinen Figuren um – sie sind bis zur letzten Randfigur extrem differenziert und glaubwürdig gezeichnet. Da gibt es kein Schwarz und Weiß. Das mag wieder einmal auch an der genialen Übersetzung durch Conny Lösch liegen.

In “Kings of London” wird nun in einem abgebrannten Haus die Leiche eines Mannes gefunden. Schon bald stellt sich heraus, dass es sich um den Sohn eines einflussreichen Politikers handelt. Breen und Tozer begeben sich wieder auf die Suche nach der Wahrheit, die nach den Wünschen vieler nicht ans Licht kommen soll. Zwischendurch verliert Shaw die Ermittlungen auch ein wenig aus dem Auge. Er lässt vor allem Cathal Breen, der nach dem Tod seines Vater nur schwer zurecht kommt, alle möglichen privaten Erfahrungen machen. Das schmälert den Lesegenuss aber nicht, im Gegenteil. Seine feine Art der Beschreibung, sein ganz feiner Humor geben dem Buch die richtige Würze. “Kings of London” ist so auch ein gelungener Gesellschaftsroman.

Vor allem mag ich aber Shaws in den 1960er Jahren angesiedeltes Setting in London. Es sind einzigartige Zeitreisen, auf die er den Leser mitnimmt. Frauen im Polizeidienst taugten aus Sicht der Männer damals eigentlich nur zum Befragen von Kindern, sie durften nicht einmal ans Steuer des Dienstwagens. Viele Probleme oder zeitgeistige Erscheinungen der Jetzt-Zeit tauchten schon damals auf: Drogen, Arbeitsmigration und Veganismus.

Seine Wurzeln als Musikjournalist kann Shaw nicht verleugnen. Wie schon im Vorgänger taucht auch hier John Lennon wieder als Randfigur auf – allerdings ohne dass es erzwungen wirkt. Shaw trifft bei mir einen Nerv, ich folge jedem seiner Sätze mit Begeisterung. Da ist wirklich ein großer Könner am Werk.

8 von 10 Punkten

William Shaw: “Kings of London”, übersetzt von Conny Lösch, 472 Seiten, Suhrkamp Nova.

 

2 Comments

Filed under Rezensionen

2 responses to “William Shaw: Kings of London

  1. Wollte ich eigentlich auch lesen, aber die Zeit… außerdem dachte ich, ich fange erstmal mit “Abbey Road Murder Song” an – oder ist das nicht nötig?

Leave a comment