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Jordan Harper: Die Rache der Polly McClusky

(c) Ullstein

Die 11-jährige Polly McClusky und ihren Stoffbären, die beiden vergisst man auch nach der Lektüre nicht. Dem erfolgreichen Drehbuchautor Jordan Harper ist mit “Die Rache der Polly McClusky” ein überzeugendes Debüt gelungen. Der letzte kriminalliterarische Road-Trip der mich ähnlich gut auf die Reise mitgenommen hat, war Tom Eppersons “Hyänen”.

Zum Inhalt: Das Mädchen Polly befindet sich mit ihrem Vater Nate, der die letzten Jahre im Gefängnis gesessen hat, auf der Flucht. Auf der Flucht vor der Neonazi-Gang Aryan Steel, die ein Todesurteil über Nate, seine Ex-Frau und Tochter Polly ausgesprochen hat. Doch Nate hat einen Plan, um den Spieß umzudrehen. Dabei wird auch seine Tochter über sich hinauswachsen.

Es gibt Szenen, in denen Nate seine Tochter in die Geheimnisse der Anwendung von überlebenswichtiger Gewalt einführt. Das ist schon ungewöhnlich und erinnert teilweise an den Film “Leon, der Profi”, in dem Natalie Portman als Mathilda in die Kunst des Tötens eingewiesen wird. Jordan Harper trifft aus meiner Sicht aber immer den Ton. Es ist nicht unheikel, derartige Szenen zu schreiben, doch der Autor tut das mit feinem Gespür für seine Charaktere. Sie sind schräg, aber nicht zu schräg. Es ist nachvollziehbar, dass Polly, die mit Brutalität und Gewalt konfrontiert wird, nicht wie ein braves, liebes Mädchen auf die Situation reagiert.

Harper lässt den Leser die Welt aus den Augen des Mädchens sehen. Ab sofort ist Polly mit einem ihr fast unbekannten Mann mit “Revolverheldenaugen” (ihr Vater) auf der Flucht vor bösen Männern mit “blauen Blitztattoos” auf den Armen (Neonazi-Gangmitglieder). Jedes dieser Tattoos steht übrigens für einen Getöteten.

Einziger Begleiter und Halt für Polly ist ein einäugiger, kaputtgeliebter Teddybär. Sie tut gern so, als wäre dieser lebendig, obwohl sie natürlich weiß, dass er das nicht ist. Dennoch hilft ihr das Plüschtier dabei, mit der Brutalität und Angst, die nun ihr Leben dominieren, besser zurechtzukommen. Mit diesem Stoffbären, “der nicht echt, aber wahr ist”, ist Harper ein genialer Kniff gelungen, um die brutalen Geschehnisse, wie sie auf ein Kinder wirken müssen, noch begreifbarer zu machen.

Und wieder einmal bestätigt sich: Egal, was Conny Lösch übersetzt, das Lesen zahlt sich aus.

8 von 10 Punkten

Jordan Harper: “Die Rache der Polly McClusky”, übersetzt von Conny Lösch, 285 Seiten, Ullstein.

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Krimis, die man 2018 lesen sollte (II)

(c) liebeskind

Wow, im Februar erscheinen echte Krimi-Hochkaräter, und das in großer Menge.

James Carlos Blake hat mit “Pistolero” die Wild-West-Legende John Wesley Hardin porträtiert. Sein Gangsterepos “Red Grass River” klingt sehr stark nach Dennis Lehane (“In der Nacht”, “Am Ende einer Welt”). Da komme ich nicht daran vorbei.

Der Verlag schreibt: John Ashley und Bobby Baker sind Todfeinde. Der eine, Spross einer Familie von Schwarzbrennern, ist der berühmteste Schmuggler und Bankräuber im Florida der Prohibitionszeit. Der andere, Gesetzeshüter aus einer Familie von Gesetzeshütern, treuer Ehemann und liebevoller Vater, verkörpert für viele Recht und Ordnung in einer florierenden Wohlstandsgesellschaft, die ihre archaischen Wurzeln vergessen machen will. Doch niemand ist der, der zu sein er vorgibt, und das Recht ist nicht immer auf der Seite des Gesetzes. Besonders, wenn die Mafia aus Chicago nach Florida drängt, um ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Immer wieder kreuzen sich die Wege von John Ashley und Bobby Baker, gewaltsam und unvermeidlich, bis einer von beiden in einem Hinterhalt auf dem Dixie Highway in Richtung Jacksonville zu Boden geht … In seinem furiosen Roman erzählt James Carlos Blake von einer Welt, die im Wandel begriffen ist, und von Männern, die ihren Platz darin suchen. Denn der Fortschritt ist kein Segen, sondern schafft neue Gewalt …

(c) Folio

Diesen Krimi hatte ich überhaupt nicht auf dem Radar. Ich habe das Buch zufällig in einer Buchhandlung entdeckt. Carlo Boninis “ACAB” verspricht harter Krimistoff zu sein.

Rom: Hooligans, unbändiger Hass, Straßenschlachten – die Polizei im Kampf gegen einen Gegner außer Kontrolle. Nackte Gewalt gehört für eine eingeschworene Gruppe der „Celerini“, der italienischen Bereitschaftspolizei, zur Tagesordnung. Als eingefleischte Anhänger Mussolinis verabscheuen sie den laschen Staat, sind ständigen Auseinandersetzungen mit Ultras und Nazi-Skins ausgesetzt und müssen sich zudem wegen illegaler Übergriffe nach dem G8-Gipfel verantworten. Bonini erzählt vom Irrsinn auf der Straße, einer verdrängten Realität: von äußerster Brutalität, von Überfällen auf Migranten, vom Sturm auf eine Polizeikaserne und von wöchentlichen Schlachten zwischen Hooligans vor Roms Stadien. Bis nach dem Tod eines Fußballfans alles eskaliert.

(c) Europaverlag

Graeme Mcrae Burnet soll sehr gut sein. Ich habe aber weder “Sein blutiges Projekt” noch “Das Verschwinden der Adèle Bedeau” gelesen. “Der Unfall auf der A35” ist daher mehr oder weniger Pflichtlektüre.

Eigentlich gibt es nichts Außergewöhnliches an dem tödlichen Autounfall auf der A35 unweit des elsässischen Städtchens Saint Louis. Doch eine Frage treibt Kommissar Georges Gorski um: Wo war das Unfallopfer Bertrand Barthelme in der Nacht, in der er mit seinem Wagen frontal gegen einen Baum krachte? Als Barthelmes Spuren zu einer jungen Prostituierten in Straßburg führen, die just in jener Nacht erdrosselt wurde, ist der kauzige Provinzkommissar alarmiert. Schnell verstrickt sich Gorski in einem mysteriösen Rätsel um den Toten, das tief hinter die harmlose Fassade der verschlafen wirkenden Kleinstadt Saint Louis blicken lässt. Und auch Barthelmes Sohn Raymond beginnt dem Geheimnis seines verstorbenen Vaters nachzuspüren, das die wohlgeordnete Welt des 17-Jährigen schon bald gehörig ins Wanken bringt …

(c) KiWi

Tom Hillenbrands “Drohnenland” ist einer jener Kriminalromane, die bei mir bis heute nachwirken. Das war wirklich ein außergewöhnliches Buch. “Hologrammatica” verspricht ähnlich spannend zu werden.

Ungeheuer spannend – Bestsellerautor Tom Hillenbrand entwirft in seinem neuen Thriller ein spektakuläres Bild unserer Gesellschaft am Ende des 21. Jahrhunderts.Wenn künstliche Intelligenz die Probleme der Welt lösen kann – sind wir dazu bereit, die Kontrolle abzugeben? Ende des 21. Jahrhunderts arbeitet der Londoner Galahad Singh als Quästor. Sein Job ist es, verschwundene Personen wiederzufinden. Davon gibt es viele, denn der Klimawandel hat eine Völkerwanderung ausgelöst, neuartige Techniken wie Holonet und Mind Uploading ermöglichen es, die eigene Identität zu wechseln wie ein paar Schuhe. Singh wird beauftragt, die Computerexpertin Juliette Perotte aufzuspüren, die Verschlüsselungen für sogenannte Cogits entwickelte – digitale Gehirne, mithilfe derer man sich in andere Körper hochladen kann. Bald stellt sich heraus, dass Perotte Kontakt zu einem brillanten Programmierer hatte. Gemeinsam waren sie einem großen Geheimnis auf der Spur. Der Programmierer scheint Perotte gekidnappt zu haben. Je tiefer Singh in die Geschichte eintaucht, umso mehr zweifelt er daran, dass sein Gegenspieler ein Mensch ist …

(c) Unionsverlag

Gary Dishers “Bitter Wash Road” war für mich einer der besten Kriminalromane des Jahres 2016. Seine Romane rund um Berufsverbrecher Wyatt (zuletzt: “Dirty Old Town”) gehören zu meinen Lieblings-Crime-Serien. “Leiser Tod” ist der neuesten Roman seiner Serie um Hal Challis, den ich aus Lesersicht noch nicht kennengelernt habe.

Dicke Luft auf der Peninsula: Ein Vergewaltiger in Polizeiuniform treibt sein Unwesen. Eine Reihe von bewaffneten Raubüberfällen hält die Polizei in Atem. Eine gerissene Meisterdiebin spielt Katz und Maus mit den Sergeants. Einsparungen an allen Ecken und Enden drücken die Arbeitsmoral auf dem Revier. Als Hal Challis das alles auch noch einem Zeitungsreporter erzählt, sieht er sich an allen Fronten belagert.

(c) Ullstein

Jordan Hapers “Die Rache der Polly McClusky” ist für den Edgar Award für die “Best First Novel” nominiert. Das Buch ist von Conny Lösch übersetzt worden, da kann eigentlich kaum mehr etwas schief gehen.

Polly McClusky ist elf und eigentlich zu alt für den Teddybär, den sie überallhin mitnimmt, als überraschend ihr Vater Nate vor ihr steht. Der ist aus dem Gefängnis ausgebrochen, um Polly das Leben zu retten. Denn auf Polly ist ein Kopfgeld ausgesetzt. Nate hat sich im Knast einen mächtigen Feind gemacht: die Gang Aryan Steel hat ihn und seine Familie zu Freiwild erklärt. Nates Exfrau wurde bereits getötet, Polly ist die Nächste auf der Liste. Auf der Flucht durch Kalifornien werden Vater und Tochter zu einem starken Team. Nates Kampftraining macht aus dem schüchternen Mädchen einen selbstbewussten Fighter. Und durch Pollys Scharfsinn halten sie den Vorsprung vor ihren Verfolgern. Bald ist Nate jedes Mittel recht, damit Polly wieder ein Leben ohne Angst führen kann.

(c) Pendragon

Berufsverbrecherin Crissa Stone ist so etwas wie die kriminalliterarische Schwester von dem oben erwähnten Wyatt. “Fast ein guter Plan” ist bereits der dritte Roman (Auftakt “Kalter Schuss ins Herz”, zuletzt “Geld ist nicht genug”) von Wallace Stroby rund um Stone.

Eine halbe Million Dollar aus Drogendeals, bewacht von drei skrupellosen Kerlen mit automatischen Waffen. Für die Berufsverbrecherin Crissa Stone und ihr Team gehört der Raub des Geldes noch zu den einfachsten Übungen. Als das Aufteilen der Beute schiefgeht, entkommt Crissa dem Kugel­hagel allerdings nur knapp. Mit einem Seesack voll gestohlenem Geld befindet sie sich auf der Flucht. Gejagt wird sie von brutalen Handlangern eines Drogenbosses und einem ehemaligen Cop aus Detroit, der seine eigenen tödlichen Pläne verfolgt. Crissa will ihnen das Geld auf keinen Fall überlassen. Auch als sie und ein Kind in Lebensgefahr geraten und ihre Verfolger sie in die Enge treiben, kämpft Crissa weiter.

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