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Adrian McKinty: Der katholische Bulle

(c) Suhrkamp Nova

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Neun Monate sind um und müsste ich heute den besten Krimi des Jahres küren, würde mir die Wahl leicht fallen: “Der katholische Bulle” von Adrian McKinty hat die Nase vorn. Mit Sean Duffy, den wahrscheinlich einzigen katholischen Polizisten im Nordirland des Jahres 1981, hat er wieder einen Charakter erschaffen, den man nicht so schnell vergisst. McKinty schreibt wie bei seiner “Dead”-Trilogie und dem Vorgänger “Ein letzter Job” atmosphärisch äußerst dicht.

Schon auf den ersten Seiten offenbart sich die große Erzählkunst des Iren, der mittlerweile in Australien lebt. Gleich zu Beginn stirbt IRA-Mitglied Frankie Hughes beim Hungerstreik, was Unruhen in Nordirland auslöst. Allerdings sind diese verhältnismäßig verhalten. Woran das liegt? “Ist nicht lustig, der Zweite zu sein, der bei einem Hungerstreik abkratzt”, sagt da ein Polizist. “Alle erinnern sich an den Ersten. Der Zweite hat die Arschkarte gezogen. Für den werden sie keine Lieder schreiben.” Und Hughes hat doppeltes Pech: Er stirbt nur wenige Stunden vor dem Attentat auf den Papst. Baldige Vergessenheit ist ihm sicher: Märtyrer wird, wer zur richtigen Zeit stirbt.

Diese Szene steht für viele in dem Buch. Immer wieder erzählt McKinty in nur wenigen Zeilen viele kleine Geschichten, ohne aber die eigentliche Geschichte aus dem Auge zu verlieren. Seine Charaktere berühren, weil sie lebensecht sind. Da gibt es keine Superhelden und keine Superschurken – kein simples Gut und Böse. Besonders gefällt mir auch, wie McKinty mit dem Serienmörder-Subgenre spielt. Denn hinter zwei Mordfällen wird ein Zusammenhang vermutet. Duffy könnte also dem ersten Serienmörder Irlands auf der Spur sein. Aber ist tatsächlich alles wie es scheint?

Die gute Nachricht für Fans lautet: “Der katholische Bulle” ist nur der Auftakt zu einer neuen Serie. Im Original ist Teil zwei bereits erschienen, Teil drei kommt im März 2014.

9 von 10 Punkten

Adrian McKinty: “Der katholische Bulle”, übersetzt von Peter Torberg, suhrkamp nova, 383 Seiten.

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KrimiZeit-Bestenliste September: Ein Abgleich

(c) Argument Verlag

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Dominique Manotti hat mit “Zügellos” weiter die Zügel in der Hand. Sonst hat sich aber einiges getan in der KrimiZeit-Bestenliste im September – fünf neue Krimis sind in das Ranking gerutscht. Durch diese Veränderungen sind erstmals seit langem auch nur mehr zwei Bücher auf der Liste, die ich gelesen habe. Zum einen ist der Ire Adrian McKinty mit “Der katholische Bulle” auf Platz zwei vorgerückt (meine Rezension dieses ausgezeichneten Buches gibt es hier in Kürze). Lavie Tidhars “Osama” hingegen ist auf Rang sieben abgerutscht.

(c) dtv

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Doch die aktuelle KrimiZeit-Liste umfasst ein Buch, das ich besonders erwähnen möchte: “Tödliche Ohnmacht” von C.S. Forester (1899-1966) wurde eigentlich bereits im Jahr 1935 verfasst, war aber jahrzehntelang verschollen und tauchte erst bei einer Auktion wieder auf, ehe es 2011 erstmals auf Englisch publiziert wurde. “Ein Noir vor der eigentlichen Erfindung des Noir”, hat dazu Elmar Krekeler in seiner Kolumne “Krekeler killt” geschrieben.

Von dem Autor stammt übrigens auch die Romanvorlage von “African Queen”, die Regisseur John Huston mit Humphrey Bogart und Katherine Hepburn in den Hauptrollen verfilmte. “Des Königs General” (mit Gregory Peck und Virginia Mayo) wiederum ist laut wikipedia die Verfilmung dreier Bücher aus Foresters mehrbändigem Zyklus um den Seehelden Horatio Hornblower und dessen Karriere zur Zeit der Napoleonischen Kriege.

Und könnte ich bei der Liste mitreden, würde ich ein Buch für den Oktober vorschlagen: Christopher Brookmyres “Die hohe Kunst des Bankraubs”. Auch dazu gibt es hier bald mehr.

Die Liste im Überblick

  1. Dominique Manotti: “Zügellos” (1)
  2. Adrian McKinty: “Der katholische Bulle” (5)
  3. Andrea Maria Schenkel: “Täuscher” (-)
  4. Stephen King: “Joyland” (-)
  5. Carsten Stroud: “Die Rückkehr” (-)
  6. C. S. Forester: “Tödliche Ohnmacht” (-)
  7. Lavie Tidhar: “Osama” (3)
  8. Matthew Stokoe: “Empty Mile” (9)
  9. Walter Mosley: “Manhattan Fever” (-)
  10. Dror Mishani: “Vermisst” (6)

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KrimiZeit-Bestenliste August: Ein Abgleich

(c) Argument Verlag

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Die KrimiZeit-Bestenliste befindet sich seit Mai in Frauenhand. Daran ändert auch der August nichts. Die Brasilianerin Patrícia Melo, (“Leichendieb”, mehr dazu hier), nunmehr auf Platz zwei, wird nahtlos von der Französin Dominique Manotti abgelöst. In “Zügellos” spielt sie ihre Stärken wieder aus und legt ihren Finger auf die offene Wunde Korruption, die Politik und Wirtschaft durchdringt. Auf Platz drei folgt Lavie Tidhar mit “Osama”, in der Terrorpate Osama Bin Laden bloß der fiktive Held eines Groschenromans ist – direkt vor Warren Ellis mit seiner Waffen-Groteske “Gun Machine”. Beide Bücher habe ich bereits gelesen, die Rezensionen folgen in den nächsten Tagen.

Platz fünf belegt Adrian McKinty mit “Der katholische Bulle”, der kürzlich auch von zeilenkino.de empfohlen wurde. Nur ein Buch (Georg Haderers “Es wird Tote geben”) steht auf meiner Leselist noch vor McKintys Werk, auf das ich schon sehr gespannt bin. Stephen Dobyns “Das Fest der Schlangen” habe ich mir unlängst recht spontan gesichert – es fristet allerdings ein ungewisses Dasein am Stapel neben meinem Bett. Wann lesen?? Auf Matthew Stokoes “Empty Mile” bin ich durch die Kurzkritik im Album beim Wiener “Standard” aufmerksam geworden. Das klingt auch sehr interessant.

Die Liste im Überblick

  1. Dominique Manotti: “Zügellos” (-)
  2. Patrícia Melo: “Leichendieb” (1)
  3. Lavie Tidhar: “Osama” (5)
  4. Warren Ellis: “Gun Machine” (2)
  5. Adrian McKinty: “Der katholische Bulle” (-)
  6. Dror Mishani: “Vermisst” (-)
  7. Arne Dahl: “Bußestunde” (4)
  8. Stephen Dobyns: “Das Fest der Schlangen” (9)
  9. Matthew Stokoe: “Empty Mile” (-)
  10. Hjorth & Rosenfeldt: “Die Toten, die niemand vermisst” (-)

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Die besten Krimi-Cover im Juni

(c) Suhrkamp Nova

(c) Suhrkamp Nova

Aus dem Urlaub im sonnigen Sardinien zurück, wende ich mich krimitechnisch gleich einem weniger wettertechnisch verwöhnten Land zu: Nordirland. “Der katholische Bulle” (Suhrkamp nova) von Adrian McKinty ist für mich das Krimi-Cover des Monats Juni. Das Cover nimmt mich gleich emotional auf die Reise mit. Wie hier schon erwähnt ist das Buch für mich auch eines der absoluten Lese-Highlights dieses Jahres. Ich vertraue da einfach auf das Können des Autors, der mich bisher nicht enttäuscht hat.

(c) Rowohlt Polaris

(c) Rowohlt Polaris

Auf Platz zwei landet “Ein seltsamer Ort zum Sterben” (Rowohlt Polaris) von Derek B. Miller. Ich habe das Buch im Urlaub ausgelesen und war ziemlich angetan. Mehr dazu hier in Kürze. Und das Cover ist wirklich toll gestaltet, zumal das Titelild mehr oder weniger die ganze Geschichte zusammenfasst. Wer das Buch gelesen hat, wird alle wichtigen Zutaten des Krimis erkennen: Das rote Haus in der Ferne stellt den Zielort der beiden Hauptdarsteller im Vordergrund dar. Sogar der ungewöhnliche Kopfschmuck des Jungen (Leser wissen Bescheid) taucht auf. Ein ausgesprochenes Lob an die Verantwortlichen!

(c) Suhrkamp

(c) Suhrkamp

Platz drei geht an “Gluthitze” (Suhrkamp) von Joe R. Lansdale. Der Verlag beschreibt das Buch folgendermaßen: “Camp Rapture, eine verlorene und verlogene Kleinstadt mitten in Texas, liegt unter einer Hitzeglocke, als ein abgehalfterter Reporter in seine Heimat zurückkehrt und eine Story wittert.” Das Taschenbuch-Cover, das sich vom Hardcover (Achtung: unter dem Titel “Gauklersommer”!) übrigens deutlich unterscheidet, bringt das gut rüber. Allein beim Ansehen wird mir heiß…

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Krimis, die man 2013 lesen sollte (VI)

(c) Rowohlt Polaris

(c) Rowohlt Polaris

Der Juni wartet mit hochklassigen Krimis in Hülle und Fülle auf. Der Wermutstropfen: Ich werde nicht alle lesen können. Den Anfang macht jedenfalls “Ein seltsamer Ort zu sterben” von Derek Miller, der ab 1. Juni erhätlich ist. Der 82-jährige Sheldon Horowitz steht im Zentrum der Geschichte. Er ist aus den USA zu seiner Enkelin nach Oslo gezogen. Er trauert um seine verstorbene Frau und den in Vietnam gefallenen Sohn, sein Gedächtnis ist nicht mehr das beste. Da befindet er sich auf einmal mit einem Kind auf der Flucht. Er weiß nur eines: Er muss das Kind beschützen. Klingt vielversprechend und steht weit oben auf meiner Leseliste.

(c) Heyne

(c) Heyne

Am 10. Juni erscheint dann “Der letzte Wille” von Denise Mina. Das Buch wurde von Conny Lösch übersetzt, was mich ehrlich gesagt erst auf die Autorin aufmerksam gemacht hat – denn ich habe bislang noch kein von Lösch übersetztes Spannungsbuch (Howard Linskey: “Crime Machine”, Ian Rankin: “Mädchengrab”, Don Winslow: “Zeit des Zorns” & “Kings of Cool”, Frank Bill: “Cold Hard Love”) gelesen, dass nicht auf irgendeine Art und Weise außergewöhnlich war. Zudem mag ich Krimis, die in Glasgow spielen. Und dieses Buch beginnt nicht einmal mit einem Wetterbericht!

(c) Argument Verlag

(c) Argument Verlag

An den Start geht auch die Französin Dominique Manotti mit “Zügellos” (17. Juni). Diesmal zeigt die Ausnahme-Autorin den Zusammenhang zwischen Drogenhandel und Immobilienspekulation auf. Und wieder einmal dürfte sie einen Finger auf die offene Wunde Korruption, also kriminelle Verbindungen zwischen Politk und Wirtschaft, legen.

(c) Goldmann

(c) Goldmann

Auch in Simon Mocklers “Das Midas-Kartell” (17. Juni) geht es um dubiose Finanzgeschäfte. Der Verlagstext dazu: Während der Überprüfung einer angesehenen Londoner Bank kommt Daniel Wiseman dubiosen Geldtransaktionen auf die Spur. Als der Mitarbeiter einer Wirtschaftskanzlei die Wahrheit ans Licht bringen will, wird er gefeuert. In Zeiten, in denen Geldwäsche und Steuerflucht die Schlagzeilen dominieren, vielleicht genau das Richtige. Nur die Aufmachung lässt allzu Reißerisches befürchten.

(c) Suhrkamp Nova

(c) Suhrkamp Nova

Am meisten gespannt bin ich allerdings auf Adrian McKintys “Der katholische Bulle” (17. Juni), den Auftakt zu seiner Serie rund um Detective Sergeant Sean Duffy. Seit seiner “Dead”-Trilogie und “Ein letzter Job” steht der Autor bei mir ganz hoch in der Gunst. Und wer McKintys Meinung über “15 Dinge, die nichts in einem Krimi verloren haben” wissen will: Hier geht es zu meinem entsprechenden Beitrag.

(c) Suhrkamp

(c) Suhrkamp

Von meinem absoluten Lieblingsautor Don Winslow erscheint ein älteres Werk wieder auf Deutsch (erstmals 1997 mit dem Titel Manhattan Blues auf Deutsch publiziert). “Manhattan” (17. Juni) erzählt eine Geschichte aus dem Jahr 1958 rund um JFK, CIA und Intrigen. Vor 15 Jahren kannte den Autor im deutschen Sprachraum kaum jemand. Mal sehen, wie sein Buch in der zweiten Runde ankommt.

(c) liebeskind

(c) liebeskind

Und dann wäre da noch Donald Ray Pollock, von dem nach dem gefeierten “Das Handwerk des Teufels” nun “Knockemstiff” (24. Juni) erscheint. Das Buch ist Pollocks eigentlicher Debütroman, weil sich der deutsche Verlag nicht an die Reihenfolge gehalten hat. Für mich ist diese Crime-Saga absolute Pflicht. Das vielklingende “Knockemstiff” ist übrigens ein 400-Seelen-Kaff in Ohio. Ich habe das Buch seit heute und mir haben die ersten zwei Sätze gereicht, um meine Neugier deutlich zu steigern:

“Als ich sieben war, zeigte mir mein Vater in einer Augustnacht beim Torch-Drive-in, wie man einem Mann so richtig wehtut. Das war das Einzige, was er wirklich beherrschte.”

(c) Luchterhand

(c) Luchterhand

Ähnlich knochenhart dürfte es in Benjamin Percys “Wölfe der Nacht” (24. Juni) zugehen. Der Verlagstext verrät dabei, dass es hier Existenziell zugeht: Die Natur überlässt den modernen Zeiten ihr Terrain nicht kampflos. Und die grausamste Wildnis lauert im Menschen selbst. Na mal schauen: Das klingt, als würden Daniel Woodrell und der oben erwähnte Pollock grüßen lassen.

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15 Dinge, die nichts in einem Krimi verloren haben

(c) Suhrkamp Nova

(c) Suhrkamp Nova

Ich mag den irischen Autor Adrian McKinty, seit ich sein Buch “Der sichere Tod”, den Auftakt zu seiner sogenannten Dead-Trilogie, gelesen habe. Mit “Ein letzter Job” hat er mich voriges Jahr auch nicht enttäuscht. Er zählt zu jenen wenigen Krimiautoren, auf deren Neuerscheinungen ich wirklich schon warte. Und bald ist es so weit: Im Juni kommt “Der katholische Bulle”, Auftakt zu seiner Serie rund um Detective Sergeant Sean Duffy in die Buchgeschäfte.

Unabhängig davon schreibt McKinty einen der interessantesten Blogs, der von einem Krimiautor verfasst wird. Unter dem Motto “The Psychopathology of Everyday Life” lässt er seinen Gedanken freien Lauf – auch zu seinem Genre. Und da hat er nun in seinem aktuellen Beitrag wieder einmal ins Schwarze getroffen: Er zählt darin 15 Dinge auf, der er am liebsten aus der zeitgenössischen Kriminalliteratur verbannen würde:

1. Clever serial killers
2. Stupid serial killers
3. Child Murderers
4. Serial Rapists
5. Everything from Scandinavia
6. Torture Porn
7. Working class stereotypes
8. Architects
9. Gallery owners
10. Books with recipes
11. Detectives baffled by basic scientific facts/mathematics
12. Detectives who solve crimes with magic or fairy dust (Lizbeth Sallander, the BBC’s Sherlock etc.)
13. Detectives who solve crimes with cats
14. Cops who haven’t heard of Ernest Hemingway or other basic elements of contemporary culture (this is an extension of #7 above).
15. Super villains.

Vor allem bei den Punkten 1 bis 4, 6 und 15 spricht er mir total aus der Seele. Wenn ich Serienmörder höre, schrillen bei mir die Alarmglocken. Das war wohl auch ein Grund, warum es so lange gedauert hat, bis ich das erste Buch von Ian Rankin gelesen habe. Aber Rankin schreibt auch keine klassischen Serienmörder-Krimis, wie auch meine Besprechung von “Mädchengrab” zeigt. Mit dem ausgezeichneten “Das Schweigen der Lämmer” von Thomas Harris habe ich jedenfalls meinen persönlichen Serienmörder-Bedarf gedeckt. Zu Punkt 5: Irische und schottische Krimis ziehe ich Schweden-Krimis vor, mit denen ich noch nicht so richtig warm geworden bin – aber das ist halt Geschmackssache. Und diese Super-Bösen (Punkt 15) halte ich auch gar nicht aus. Das hat mir zuletzt auch das sonst ziemlich geniale “Das eiserne Haus” von John Hart ein wenig vermiest…

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