Da ist sie also, die erste größere Krimi-Enttäuschung des Jahres. Hauptfigur Mila könnte die schwertschwingende Michonne aus “The Walking Dead” sein. Macht mir diese in der TV-Serie sowie in der Comic-Vorlage Spaß, so hielt sich dieser bei Mila schwer in Grenzen.
Dass ausgerechnet Kultautor Joe R. Lansdale den italienischen Autor als “eine der wichtigsten neuen Stimmen der italienischen Kriminalliteratur” preist, passt allerdings gut. Denn auch Lansdale hat ein Faible für blutige und trashige Szenen, wie das Beispiel “Dunkle Gewässer” zeigt. Ich merke, dass ich dafür aber schön langsam zu alt werde. Ich habe zunehmend Probleme mit herumrollenden Köpfen und abgetrennten Gliedmaßen. Vor allem dann, wenn die Handlung keine Wendungen bringt und vorhersehbar ist. Das ist dann einfach nur öde bzw. sogar ärgerlich.
Ja, diese Mila mag überhöht sein. Aber sie ist mir leider auch vollkommen egal. Ihr Schicksal, das natürlich tragisch ist, berührt mich nicht. Sie ist nicht lebensecht. Zugegeben, das soll sie auch nicht sein. Aber sie ist für mich auch keine starke Frauenfigur, die es den bösen Männern, die es zweifellos verdient haben, so richtig zeigt – dazu mordet sie einfach zu stupid vor sich hin. Und so cool. Wie sie durch die Luft fliegt. Gähn. Vermutlich wird sie demnächst von Scarlett Johansson gespielt, mit roten Dreadlocks. Ich sehe diese ästhetische Gewaltorgie in Zeitlupe schon vor mir.
Da lese ich doch viel lieber Liza Cody (“Miss Terry”), die weiß, wie man echte Menschen und wirklich starke Frauen porträtiert. Selten hat mich eine Rache-Geschichte so gelangweilt – und das bei gerade einmal 200 Seiten. Dieser “schöne wie gnadenlose Racheengel” kann mir erspart bleiben.
3 von 10 Punkten
Matteo Strukul: “Mila”, übersetzt von Ingrid Ickler, 206 Seiten, Suhrkamp.