Zhou Haohui: “18/4 – Der Hauptmann und der Mörder”

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Zhou Haohuis “18/4 – Der Hauptmann und der Mörder”, der vielversprechende Auftakt zu einer Trilogie – ist ein klassischer Kriminalroman im besten Sinne. Zwar wird die Tiefe der handelnden Charaktere vernachlässigt, aber an Rasanz, unvorhersehbaren Wendungen und vielen offenen Fragen, die geklärt werden müssen, hat dieses Buch eine Menge zu bieten. Überraschend offen werden auch Themen wie Polizei-Korruption und die Privilegien der Reichen in China abgehandelt.

Es ist aber vor allem die Ausgangssituation, die Hollywood aufmerksam machen muss. Ein Killer, der bereits vor 18 Jahren zuschlug, kündigt in der Millionenstadt Chengdu per Todesanzeigen an, wen er wann und warum ermorden wird. Der Serienmörder nennt sich selbst Eumenides – das ist ein anderer Name für die Furien in der griechischen Mythologie, also die Rachegöttinnen. “Der Legende nach haben die Eumeniden all jene zur Strecke gebracht, die schwere Verbrechen begingen”, heißt es an einer Stelle des Buches. Eumenides sorgt also, zumindest aus seiner Sicht, dort für Gerechtigkeit, wo die Polizei es nicht tut.

Hauptmann Pei Tao, der als einziger schon vor 18 Jahren mit den Taten von Eumenides befasst war, wird in die Sondereinsatzgruppe 18/4 aufgenommen, die die Mordserie klären soll. Doch der kriminelle Gegner scheint seinen polizeilichen Widersachern in diesem Katz- und Mausspiel haushoch überlegen. Welche Falle ihm die Polizisten auch stellen, Eumenides ist immer einen Schritt voraus. Und schon bald stellt sich innerhalb der Sondereinsatzgruppe die Frage, wem innerhalb der Polizei überhaupt zu trauen ist. Wer hat selbst eine dunkle Vergangenheit?

Raffiniert konstruiert Zhou Haohuis eine rätselhafte Geschichte, die er einerseits meisterhaft aufzulösen versteht und an deren Ende er andererseits gekonnt ein neues Rätsel erschafft, an dem sich in den Teilen zwei (“18/4 – Der Pfad des Rächers”, erscheint im Mai) und drei (“18/4 – Die blinde Tochter”, September) die Ermittler die Zähne auszubeißen haben.

Wer auf Thriller aus Asien steht, der kann sich übrigens schon bald auf Nachschub freuen. Anfang März erscheint “Der grillende Killer” des taiwanesischen Autors Chang Kuo-Li und im April “Bullet Train” seines japanischen Kollegen Kotaro Isaka.

9 von 10 Punkten

Zhou Haohui: “18/4 – Der Hauptmann und der Mörder”, übersetzt von Julian Haefs, Heyne Verlag, 398 Seiten.

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Beth Ann Fennelly/Tom Franklin: Das Meer von Mississippi

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In “Das Meer von Mississippi” arbeiten Beth Ann Fennelly und Tom Franklin die dramatischen Geschehnisse rund um eine vergessene Tragödie in den USA literarisch auf. Die große Flut von 1927 gilt als die schlimmste Naturkatastrophe in der Geschichte der USA. Heute ist sie weitgehend in Vergessenheit geraten. Das Autoren-Ehepaar Beth Ann Fennelly und Tom Franklin schreibt eindrucksvoll gegen dieses Vergessen an.

Bereits seit dem Winter 1926 ließen heftige Regenfälle immer wieder die Dämme entlang des Mississippi und seiner Nebenflüsse brechen. Kleinere Überflutungen forderten zahlreiche Todesopfer. Am Karfreitag 1927 ergoss sich dann eine dreißig Meter hohe Flutwelle mit der doppelten Wucht der Niagara-Fälle ins Mississippi-Delta, auf eine Fläche “ungefähr so groß wie Connecticut, New Hampshire, Massachusetts und Vermont zusammen”. Dass die Fluten nicht die reichen Staaten im Osten der Vereinigten Staaten heimsuchten, dürfte auch der Hauptgrund sein, warum die große Flut kaum Eingang in die Geschichtsbücher fand. “Aber wir lebten im Dreck des Deltas, im fruchtbarsten Dreck der Nation, der allerdings unter den Stiefelsohlen der Ärmsten klebte”, sinniert Hauptfigur Dixie Clay im Epilog des Buches.

Das schreibende Ehepaar Fennelly/Franklin hat sich für eine Krimi-Rahmenhandlung rund um die Ereignisse von 1927 entschieden. Im fiktiven Ort Hobnob stellt Jesse gemeinsam mit seiner Frau, Dixie Clay, illegal Whiskey her – den besten der ganzen Gegend. Dixie leidet, sie hat erst vor Kurzem ein Kind verloren. Nachdem zwei Prohibitionsagenten spurlos verschwinden, werden zwei neue Kollegen auf die Schwarzbrenner angesetzt: Ham und Ingersoll. Als die beiden auf dem Weg zu ihrem Einsatzort ein verlassenes Baby entdecken, beschließt Ingersoll (selbst ein Waisenkind) kurzerhand, dieses mitzunehmen.

Woher kommt bloß der Spitzname “Ham”?

In Hobnob angekommen, gibt Ingersoll das Baby nicht im Waisenhaus ab, sondern bringt es zu Dixie Clay – nicht ahnend, mit wem er es zu tun hat. Dixie brennt Nacht für Nacht einsam Whiskey, während ihr kaum anwesender Mann, Jesse, für die geschäftliche Seite zuständig ist. Es entspinnt sich eine Geschichte, die das Leben aller Beteiligten verändern wird.

Manchmal vielleicht etwas langatmig erzählen Fennelly und Franklin davon, welch erbärmliche Existenzen viele Menschen in den 1920er-Jahren in den ruralen Teilen der Vereinigten Staaten führen mussten. Mittels fesselnder Episoden ziehen die Autoren die Leser immer mehr in ihre Geschichte hinein. Wie Dixie und Ingersoll um das Leben des erkrankten Babys kämpfen, welche Auswirkungen der Erste Weltkrieg auf die heimgekehrten US-Soldaten hatte und wie sehr all das mit Herbert Hoovers erfolgreicher Präsidentschaftskandidatur und dem Scheitern von Amtsinhaber Coolidge zusammenhängt – das bringen sie eindringlich nahe.

“Das Meer von Mississippi” ist darüber hinaus ein Beziehungsroman auf vielen Ebenen. Fennelly und Franklin beschreiben einfühlsam, wie Dixie Clay von Tag zu Tag vor sich hinstirbt, während sich Jesse als Lebemann austobt; sie schildern die durch den Krieg zusammengeschweißte Männerfreundschaft zwischen Ingersoll und Ham, der um die Entstehung seines seltsamen Vornamens ein Geheimnis macht und in launigen Runden Zuhörer mit schier endlosen, immer anderslautenden Geschichten darüber narrt. Das weiß allerdings nur sein Freund Ingersoll. Und dann ist da natürlich auch das Baby, das in Dixie Clay die Lebensgeister erweckt und in dem sich der innerlich leer fühlende Ingersoll wiedererkennt: “Die Waffe war wie seine Gitarre, denn sie bezog ihre ganze Macht aus einem Loch in der Mitte. Wie Ingersoll selbst, möglicherweise.”

All das passiert vor dem Hintergrund der omnipräsenten Gefahr von Dämmen, die zu brechen drohen – nicht zuletzt, weil Saboteure im Auftrag profitgieriger Bankiers in New Orleans unterwegs sind. Es ist also ein apokalyptisches Setting, letztlich geht es aber vor allem um menschliche Bedürfnisse: Solidarität in der Not, Hoffnung – und natürlich Liebe.

8 von 10 Punkten

Beth Ann Fennelly/Tom Franklin: “Das Meer von Mississippi”, übersetzt von Eva Bonné, 384 Seiten, Heyne Hardcore.

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Hannelore Cayre: Reichtum verpflichtet

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Blanche de Rigny ist seit einem Autounfall gehbehindert, lässt sich aber vom Leben nicht unterkriegen. Als sie zufällig erfährt, dass sie aus einer steinreichen Familie stammt, schmiedet sie einen raffinierten Plan, um an das Erbe zu kommen. Dafür ist sie bereit, über Leichen zu gehen.

Wie schon in ihrem grandiosen Vorgänger “Die Alte” erzählt die Französin Hannelore Cayre eine anarchistische Geschichte – diesmal über eine Frau, die im Alleingang versucht, das kapitalistische System auszuhebeln. Dieser Rachefeldzug einer Unterschätzten liest sich amüsant und größenwahnsinnig zugleich. Das ist Sozialkritik pur.

Bei der Lektüre von “Die Alte” bin ich vor Begeisterung ja fast aus den Stiefeln gekippt – ich habe es sogar zu meinem Lieblingskrimi des Jahres 2019 gewählt. Vermutlich lag es auch an diesem hohen Anspruch, dass mich “Reichtum verpflichtet” nicht ganz so umgehauen hat. Dennoch ist gerade dieses Buch mit seinen historischen Elementen ein perfektes Beispiel dafür, wozu Kriminalliteratur fähig ist, wenn man das Genre nicht zu engstirnig begreift.

Dann lässt man diese Wow-Effekte zu. Wow, das kann also auch Krimi sein, wow, mehr davon!

8 von 10 Punkten

Hannelore Cayre: “Reichtum verpflichtet”, übersetzt v. Iris Konopik, Ariadne-Verlag, 255 S., 20,60 Euro.

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Meine Lieblingskrimis 2021

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Ich war 2021 alles andere als lesefaul, aber blogfaul war ich. Noch nie seit Bestehen von crimenoir habe ich so wenige Beiträge gepostet: 26. Mittlerweile habe ich mich also bei einem Zwei-Wochen-Rhythmus eingependelt. Das entspricht nicht wirklich meinen eigenen Ansprüchen, aber was gibt es Schöneres als den alljährlichen Neujahrsvorsatz, dass heuer alles anders wird 😉

Wie dem auch sei, ich beginne das neue Jahr mit meinen Lieblingskrimis des Vorjahrs (einige davon muss ich hier erst besprechen). Über Feedback würde ich mich freuen!

Platz 10 – John le Carré: Silverview

Platz 9 – Philip Kerr: Metropolis

Platz 8 – Hannelore Cayre: Reichtum verpflichtet

Platz 7 – Sabina Naber: Leopoldstadt

Platz 6 – James Lee Burke: Dunkle Tage im Iberia Parish

Platz 5 – Garry Disher: Moder

Platz 4 – S. A. Cosby: Blacktop Wasteland

Platz 3 – Stuart Turton: Der Tod und das dunkle Meer

Platz 2 – Heinrich Steinfest: Die Möbel des Teufels

Platz 1 – Doug Johnstone: Der Bruch

Meine Lieblingskrimis 2020

Meine Lieblingskrimis 2019

Meine Lieblingskrimis 2018

Meine Lieblingskrimis 2017

Meine Lieblingskrimis 2016

Meine Lieblingskrimis 2015

Meine Lieblingskrimis 2014

Meine Lieblingskrimis 2013

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Frank Göhre: Die Stadt, das Geld und der Tod

(c) Culturbooks

Es war eine klassische Fehleinschätzung, als ich im letzten Beitrag über Johannes Groschupfs Kriminalroman “Berlin Heat” geschrieben habe, er suche seinesgleichen. Denn wie konnte ich Frank Göhre, den Meister der wenigen Worte, bloß übersehen?

Göhre ist zurück: Hatten Fans zehn Jahre warten müssen, bis 2020 “Verdammte Liebe Amsterdam” erschien, liegt nun mit “Die Stadt, das Geld und der Tod” bereits sein nächstes Werk vor. Gerade einmal 158 Seiten lang ist das Krimi-Destillat, das im Milieu einer rumänischen Verbrecherbande angesiedelt ist. Gewohnt minimalistisch erzählt Göhre von den dunklen Seiten Hamburgs Anfang der 2000er-Jahre, politische Verstrickungen und dubiose Geschäfte hanseatischer Kaufmänner inklusive.

Das Buch ist vielleicht nicht ganz so perfekt wie der Vorgänger, aber immer noch große Klasse. Es tut mir leid, Johannes Groschupf, aber Göhre bleibt im Subgenre des schmutzigen kleinen Krimis (noch) unerreicht.

8 von 10 Punkten

Frank Göhre: “Die Stadt, das Geld und der Tod”, Culturbooks-Verlag, 159 Seiten, 15,40 Euro

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Johannes Groschupf: “Berlin Heat”

(c) Suhrkamp

Mit seinem Kriminalroman “Berlin Prepper” hat Johannes Groschupf den Deutschen Krimipreis gewonnen. Nun legt er mit “Berlin Heat” einen neuen fiebrigen und fesselnden Großstadtkrimi vor, der im deutschsprachigen Genre seinesgleichen sucht. Groschupfs Markenzeichen: kleine, schmutzige Geschichten über Menschen, die nicht so recht in die Gesellschaft passen wollen. Diesmal schlägt sich der spielsüchtige Tom Lohoff, der dubiosen Typen Geld schuldet, durchs Leben.

“Sei doch nicht so naiv”, will man Tom zurufen, wenn er wieder einmal im Schlamassel steckt. Und so viel sei gesagt: Er wird viele Tiefschläge einstecken müssen. Ohne hier in Details gehen zu wollen – es ist unerträglich viel. Das wird nicht jeder mögen, aber so lesen sich Kriminalromane mit realistischem Anspruch nun einmal.

“Berlin Heat” ist für mich glaubwürdiger und besser gelungen als Groschupfs Debüt “Berlin Prepper”, das mich zwar zu Beginn sehr gut auf Lesereise mitgenommen hat, das mir dann aber ein wenig zu eindimensional geraten ist. Ich bin schon gespannt, was der Autor als nächstes liefert.

7 von 10 Punkten

Johannes Groschupf: “Berlin Heat”, Suhrkamp-Verlag, 254 Seiten, 15,40 Euro.

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Bill Clinton/James Patterson: Die Tochter des Präsidenten

(c) HarperCollins


Ex-US-Präsident Bill Clinton und Bestsellerautor James Patterson haben drei Jahre nach “The President Is Missing” erneut einen Politthriller geschrieben. Nach der vernichtenden Kritik eines BBC-Kulturkritikers an der Präsidenten-Figur (“most characterless character”) sah sich das Duo offenbar veranlasst, noch einmal nachzulegen.

Tatsächlich ist Matt Keating nun ein US-Präsident, wie man ihn aus Hollywood-Filmen kennt: hemdsärmelig, ein Mann der Tat. Gleich zu Beginn von “Die Tochter des Präsidenten” schickt er ein Team der Spezialeinheit der Navy Seals mit folgenden aufmunternden Worten auf ihre Mission: “Hoffentlich steckt ihr diesen Hundesohn in einen Leichensack.” Es wird nicht das letzte Mal sein, dass der sonst so gesittete Mann martialische Sprüche loslässt.

Die Dinge laufen jedoch anders als geplant, die gescheiterte Aktion mündet letztlich in der Abwahl des Präsidenten. Als dann Terroristen seine Tochter entführen, muss er einen Krieg an mehreren Fronten gleichzeitig führen: gegen böse Islamisten, berechnende Chinesen und vor allem die politischen Intriganten in Washington.

Das Buch trieft vor Patriotismus, Gut (Team Keating) und Böse (der Rest) sind klar definiert. Doch das Lesen macht auch Spaß, weil Patterson sein Handwerk versteht. Zusätzlich für Spannung sorgt die sich unweigerlich aufdrängende Frage: Welche Seiten dieses Buches stammen vom realen Ex-Präsidenten?

6 von 10 Punkten

Bill Clinton/James Patterson: “Die Tochter des Präsidenten”, übersetzt von Wulf Bergner, HarperCollins Verlag, 560 Seiten.

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Heinrich Steinfest: Die Möbel des Teufels

(c) Piper Verlag


Ich habe vor einigen Jahren Heinrich Steinfests “Cheng. Der erste Fall” gelesen. Meine Begeisterung hat sich damals in Grenzen gehalten. Ich habe “Die Möbel des Teufels” also mit einer gewissen Skepsis zu lesen begonnen, doch schon nach wenigen Seiten hat mich diese außergewöhnliche Geschichte in ihren Bann gezogen. Grandios!

Vielleicht ist das Faszinosum für Nicht-Österreicher nicht ganz nachvollziehbar. Aber der 1. August 1976 hat sich so tief in das kollektive Gedächtnis der Österreicher eingebrannt wie wohl kaum ein anderer Tag der vergangenen 50 Jahre. Damals stürzte in Wien die Reichsbrücke ein, ehe Stunden später Formel-1-Star Niki Lauda nur knapp seinen Feuerunfall am Nürburgring überlebte.

Auch in Leo Pragers Leben bedeutete dieser Tag eine Zäsur. Er verließ das Land, um erst 44 Jahre später, nach der Ermordung seiner Schwester Eva, einer Parlamentsstenografin, wieder in die Heimat zurückzukehren. Es wäre kein Kriminalroman, würde sich nicht vieles um die Frage drehen, warum die Frau getötet wurde.

Doch Heinrich Steinfests “Die Möbel des Teufels” ist noch viel mehr. Der Autor erzählt eine wunderbar absurde und gleichzeitig doch realistische Geschichte über so viele Dinge: wichtige zeitgeschichtliche Ereignisse, die aktuelle Pandemie (ohne dass es nerven würde), Verschwörungstheorien sowie die Liebe. Und das alles in einem ganz unvergleichlichen lockeren und pointierten Ton, der das Lesen auf jeder Seite zu einem Genuss macht.

Eigentlich ist es bereits der sechste Band rund um Detektiv Markus Cheng, der allerdings mittlerweile die Rolle mit seiner Assistentin Frau Wolf getauscht hat: Sie ist nun seine Chefin und er der Assistent. Doch die beiden tauchen mitunter über 100 Seiten lang gar nicht auf. Aber aus den oben beschriebenen Gründen macht das überhaupt nichts: Dieses Buch sollte man einfach gelesen haben.

10 von 10 Punkten

Heinrich Steinfest: “Die Möbel des Teufels”, Piper Verlag, 430 Seiten.

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Henri Faber: Ausweglos

(c) dtv

Ein Serienmörder geht um – auch das noch! Regelmäßige Leser dieses Blogs wissen, dass es mir in diesem Fall zumeist die Haare aufstellt. Nicht wegen der nervenzerfetzenden Spannung, sondern weil ich dieses Serienmörder-Genre nicht mag. Es war für mich eigentlich nach der Lektüre von “Das Schweigen der Lämmer” als Jugendlicher beendet. Doch man soll als Leser nie zu absolut in seinen Meinungen werden, immer offen bleiben – das wird dann immer wieder belohnt.

Und dann gibt es noch ein spannendes Detail. Vor einem Jahr hat ein gewisser Rudolf Ruschel mit “Ruhet in Friedberg” einen rabenschwarzen, in der Provinz spielenden Kriminalroman geschrieben, der für den renommierten Glauser-Preis in der Kategorie Debüt nominiert wurde. Warum ich das hier erwähne? Unter seinem Pseudonym Henri Faber hat der österreichische Autor nun eben den klassischen Thriller “Ausweglos” vorgelegt.

Die Handlung ist schnell erklärt. Hamburg zittert, denn der gefürchtete Ringfinger-Mörder ist zurück. Die fesselnde Geschichte wird aus der Sicht des Polizisten Elias, des Verdächtigen Noah, von dessen Frau Linda sowie des mutmaßlichen Mörders erzählt.

Mein Fazit: Faber bringt Schwung in das immer gleiche Serienmörder-Genre bringt. Denn: Nichts ist, wie es scheint.

7 von 10 Punkten

Henri Faber: “Ausweglos”, dtv Verlag, 495 Seiten.

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Shamim Sarif: Das Protokoll

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Manchmal muss man seine Ansprüche herunterfahren, um ein Buch richtig genießen zu können. Bei “Das Protokoll” war das der Fall. Als ich akzeptiert hatte, dass ich über gewisse – und nicht einmal wenige – Dinge hinwegsehen muss, hat mir die Lektüre sogar richtig Spaß gemacht. Vermutlich lag es an der Hauptfigur von Jessie, die mir beim Lesen irgendwie ans Herz gewachsen ist.

Jessie gehört der nur aus Frauen bestehenden Geheimorganisation Athena an, die auch mit Waffeneinsatz versucht, Mädchen und Frauen in Gefahr zu retten. Die wichtigste Regel: Töten verboten! Als Jessie gegen dieses Gebot verstößt, wird sie verbannt. Doch die junge Frau lässt sich nicht aufs Abstellgleis schieben und versucht ihrem Team heimlich zu helfen.

“Das Protokoll” liest sich flott, die Handlung wirkt aber klischeehaft konstruiert (am störendsten: Serbien als Ort des Bösen, wo Menschen- und Organhändler unglaublich furchtbare Dinge treiben) und offenbart eine naive Weltsicht. Die Charaktere würden eher in ein Jugendbuch passen. Mein Fazit dennoch: unterhaltsam.

6 von 10 Punkten

Shamim Sarif: “Das Protokoll”, übersetzt von Simone Schroth, Penguin-Verlag, 335 Seiten.

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