John le Carré und ich. Es war keine Liebe auf den ersten Blick. Vermutlich überhaupt keine Liebe. Aber großer Respekt ist geblieben, vor diesem Ausnahmekönner, der den Spionageroman im Handumdrehen in die Weltliteratur gehoben hat und nun gestorben ist.
Ich habe schon vor sehr langer Zeit sein wohl bekanntestes Buch, das ihm damals den Durchbruch verschaffte, gelesen: “Der Spion, der aus der Kälte kam”. Für viele ist das der besten Spionageroman, der jemals geschrieben wurde. Auf mich hat das Buch allerdings keinen bleibenden und nachhaltigen Eindruck hinterlassen.
Wenn ich an Spionageromane denke, dich mich beeindruckt haben, denke ich sofort an den zweiten Altmeister des politischen Spannungsromans: Frederick Forsyth. “Die Faust Gottes” und “Das Schwarze Manifest” haben mich echt gefesselt. Auch diverse Romane von Jack Higgins habe ich als Teenager verschlungen. Der im deutschsprachigen Raum vollkommen in Vergessenheit geratene Gerald Seymour hat mich so richtig begeistert und berührt. Und später waren es dann Daniel Silva und David Ignatius.
Mit le Carrés Romanen wurde ich lange hingegen nie so richtig warm. Mir war das zu langsam, zu verkopft, zu kompliziert. Was auch immer. Ähnlich geht es mir übrigens mit Graham Greene. Er ist einer jener Autoren, die man eigentlich mögen sollte. Aber ich kann mit ihm bis heute nicht viel anfangen.
Dann habe ich irgendwann “Absolute Freunde” gelesen. Das hat mich auch nicht zu einem Fan gemacht, aber phasenweise hat mich das so richtig gepackt. Tja, und dann habe ich voriges Jahr “Federspiel” gelesen. Mit diesem Spätwerk hat mich der weise alte Mann dann endgültig auf die Reise mitgenommen.
Ich habe noch einmal nachgelesen, was mich damals so begeistert hat: “Sein Interesse gilt ohnehin den kleinen Rädchen im Spionagegetriebe, den offenkundigen Verlierern, die ihr Gewissen bewahrt haben – was wohl auch ein Hauptgrund für ihren beruflichen Abstieg ist.” Da steckt doch eine gute Portion Noir drin.
Als Leser bildet man sich ja ständig weiter. Was man früher mochte, mag man oft gar nicht mehr – und umgekehrt. Und irgendwann werde ich vermutlich auch noch seine Klassiker “Die Libelle” und “Der ewige Gärtner” lesen.
PS: Sehr zu empfehlen ist der TV-Mehrteiler “Der Nachtmanager”.
Rest in Peace, John le Carré
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Eine schöne Würdigung, Peter, der ich mich mit ähnlichen Erfahrungen anschließen möchte. Le Carré (genauer gesagt “Der Schneider von Panama” und “Das Russland-Haus”) habe ich wohl einfach in zu jungen Jahren gelesen, um ihn wirklich schätzen zu können. Im Vergleich zu den Folletts, Forsyths oder Silvas von damals wirkte er, wie du schon sagst, unnötig verkopft und zu literarisch.
Aber mit dem Alter ändert sich tatsächlich der Geschmack. Und vielleicht entwickelt man auch für manches ein noch feineres Näschen, denn über den großartigen Ambler (übrigens noch vor Greene mein Favorit in diesem Genre) bin ich irgendwann wieder bei Le Carré gelandet. In dem Zuge habe ich mich auch intensiver mit dem Autor beschäftigt. Spätestens dann kann man nicht anders, als beeindruckt zu sein. Welch intelligenter, scharfsinniger Geist ist da von uns gegangen.
Im Regal warten noch viele ungelesene Titel auf mich. Und das ist zumindest ein Trost, den ich aus seinem Ableben ziehen kann. In seine Fußstapfen wird aber wohl so schnell keiner mehr treten können.
Wünsche Dir einen guten Start ins WE und einen schönen 4. Advent. Bleib gesund!
Danke für deine ausführliche Reaktion. Wie konnte ich auf Eric Ambler vergessen! Wirklich großartig. Mal schauen, vielleicht bleibt ja für einen dieser Herren Zeit über die Feiertage.
Liebe Grüße zurück
Ich hatte mir auch vorgenommen, in Bälde mal wieder entweder einen Ambler oder Le Carré zu lesen.
Das habt ihr sehr gut beschrieben, ich kann mich nur anschließen. Ich habe früher tatsächlich auch eher Forsyth und Clancy gelesen, aber Ambler und Le Carré inzwischen schätzen gelernt. Von Ambler habe ich auch noch einiges Ungelesenes da…
Schöne Feiertage euch!
Ja, Ambler war wirklich ein gutes Stichwort, da habe ich sicher auch was ungelesen herumstehen. Dir auch schöne Feiertage!
Wünsch ich Dir auch, Gunnar!
Ich muss ja auch gestehen dass ich die Romane von John le Carré von der Idee her meist recht interessant fand, mich aber nur an eines der Bücher auch tatsächlich herangetraut habe und das war vor ein paar Jahren “Dame, König, As, Spion” als der zugehörige Film ins Kino kam. Meiner Meinung nach waren dann aber sowohl Buch als auch filmische Umsetzung recht langatmig und seitdem war es das bei mir erst einmal mit dem Autor.
“Der Nachtmanager” hingegen fand ich als Serie auch sehr gut!
(Musste übrigens trotz des traurigen Anlasses sehr schmunzeln als im Internet das Bild von der Facebook-Übersetzung eines Newsbeitrages kursierte wo stand das “John das Quadrat” gestorben sei :D)